THYRNAU-KELLBERG - Prostata-Krebspatienten werden wegen der verbesserten Diagnosemethoden immer jünger. "Je früher und je kleiner der Tumor, desto besser die Prognose", sagt Chefarzt Dr. Markus Higi von der onkologischen Rehabilitationsklinik Prof. Schedel in Kellberg (Lkr. Passau). Das 205-Zimmer-Haus zählt mit zwölf Ärzten und 125 Mitarbeitern zu den größten Einrichtungen für die Versorgung onkologischer Patienten im südostbayerischen Raum.
Rund 60.000 neue Fälle von Prostatakrebs kommen pro Jahr deutschlandweit hinzu: Etwa 12.000 Männer sterben an einer der am häufigsten diagnostizierten Krebsart. Es entstehen bösartige Zellen im Gewebe der Prostata, einer Drüse unterhalb der Blase des Mannes. Sie hat in etwa die Größe einer Walnuss, umgibt die Harnröhre und reicht fast bis zum Beckenboden. Die Diagnose Prostatakrebs wird über den PSA-Blutwert um etwa zehn Lebensjahre früher gestellt als noch vor einem Jahrzehnt. "Inzwischen sind es die jüngeren Männer, manche im Alter von 40 bis 50 Jahren. Prostatakrebs ist nicht mehr nur die Krankheit alter Männer", so Higi. Der durchschnittliche Patient in der Kellberger Rehabilitationsklinik ist laut Statistik 60 bis 63 Jahre alt. "Die meisten Patienten sind noch nicht im Rentenalter, das offiziell mit 65 Jahren beginnt."
Vorsicht bei hohem PSA-Wert
Prostatakrebs macht Higi zufolge eine lange Zeit hinweg keinerlei Beschwerden. Eine gute Ausgangslage ist es, wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt werde, der Krebs noch auf die Prostata begrenzt ist und noch nicht gestreut habe. Mittels urologischer Vorsorge lassen sich frühe Stadien finden. Zur Vorsorge gehöre es, ab dem 45. Lebensjahr den PSA-Wert bestimmen zu lassen. Das Prostata Spezifische Antigen (PSA) ist ein Eiweiß, das von Prostatazellen gebildet wird und im Blut auftaucht. Dort lässt es sich als sogenannter Marker bestimmen. Bei bösartigen Erkrankungen der Prostata, aber auch gutartigen wie Entzündungen, auch bei Vergrößerungen kann der PSA-Wert im Blutserum ansteigen. Die Grenze zwischen gutartiger PSA-Erhöhung und bösartiger ist oft sehr schwer zu ziehen. Je höher der Wert, desto mehr steigt das Risiko einer bösartigen Ursache. Bei der Mehrzahl der Patienten, die einen lokal begrenzten Tumor hatten, also einer frühen Phase, lag der PSA-Wert unter 10.
Bei einer frühen Diagnose hat der Patient die Chance auf eine nervenschonende und -erhaltende Tumorentfernung. "Es geht darum, Inkontinenz und Impotenz zu vermeiden und die Lebensqualität zu erhalten." Bei einem lokalisierten Prostatakrebs bietet sich ein breites Spektrum an therapeutischen Optionen. Verschiedene Operationstechniken sind möglich. Neben der klassischen Operationsmethode sind die laparaskopische miniinvasive und die roboterassistierte minimal-invasive Prostatektomie mit dem DaVinci®-System hinzugekommen. Bei dieser viel beachteten Operationstechnik werden schwierige Eingriffe über kleinste Schnitte vorgenommen.
Als Vorteil berichten die Anhänger der laparaskopischen und da Vinci-Methoden über eine bessere Präzision, über bessere Sichtbedingungen, weniger Wundheilungsprobleme und schnellere Remobilisation. Die wichtigen Nerven und Blutgefäße seien besser zu erhalten.
Neben den operativen Verfahren können speziell in den Frühstadien auch die Strahlentherapeuten gute Ergebnisse vorlegen. Die Strahlung kann ambulant von außen mit großen komplexen Geräten verabreicht werden. Das Einbringen von kleinen Strahlenquellen in die Prostata direkt (Seeds, Spickung) hat sich ebenfalls bewährt. Hoch dosierter, fokussierter Ultraschall wird in einigen Kliniken angewandt.
Obwohl europäische Studien eine Abnahme der Sterblichkeitsrate bei Prostatakrebs feststellen konnten und dies auf die bessere Behandlungsmöglichkeit der früheren Stadien zurückführen, gibt es auch skeptische Stimmen. "Ohne Zweifel werden auch bei Gewebeproben bösartige Zellen nachgewiesen, die eventuell dem Betroffenen zu Lebzeiten kein Problem bereiten." So berichtete vor Kurzem Timothy Wilt im angesehenen New England Journal of Medicine über gute Ergebnisse durch ausschliessliches Beobachten bei bestimmten Niedrigrisiko-Kollektiven mit niedrigem PSA und geringer Aggressivität des Tumors. Bei manchen Patienten wird daher auch die Strategie "Aktives Beobachten" angeboten.
Eine stationäre Anschlussheilbehandlung (AHB) wird von Urologen sehr empfohlen. Damit lassen sich körperliche und persönliche Einschränkungen schneller überwinden", erklärt Chefarzt Dr. Markus Higi.
Große Herausforderung: Kontinenz und Potenz
75 Prozent der Patienten wünschen sich nach den Erfahrungen des Rehabilitationsmediziners, den bisherigen Lebensstil nach der Therapie aufrechterhalten zu können. Die medizinische Nachsorge dient laut Higi dazu, den Gesundheitszustand aufzuwerten, typische Krankheits- oder Therapiefolgen zu behandeln. Die größte Herausforderung in der dreiwöchigen Rehabilitation: "Kontinenz, Kontinenz und nochmal Kontinenz." Wichtig ist laut Chefarzt Higi ein früher Start der Maßnahmen und professionelle Anleitungen. Es gebe komplexe Lernmodule zur Selbsthilfe. Zudem helfen - beispielsweise bei laufender Hormontherapie - Muskelstabilitätsprogramme. Auch zum Thema "erektile Dysfunktion" sollte Wissen vermittelt werden.
Das Genesungskonzept in der Kellberger Klinik sei deshalb darauf ausgelegt, die jährlich rund 3.000 Reha-Patienten, davon viele nach urologischen Operationen, in zwei bis drei Wochen körperlich und seelisch zu stabilisieren und ihre Lebensqualität möglichst schnell wiederherzustellen. "Wir begleiten und helfen dem Patienten in einer schwierigen Phase. Einerseits ist da der Diagnoseschock und andererseits hat der Patient typische Handicaps durch die erforderliche Therapie. Wir verstehen uns daher als ein wichtiges Glied einer Behandlungskette", sagt Higi.
Info für Patienten: www.klinik-prof-schedel.de, Telefon: 08501/809-0, E-Mail: klinik.prof.schedel@t-online.de