(ddp direct) Herr Dikof, Sie sind der leitende Therapeut des Deutschen Schwimm-Verbandes und begleiten die 27 qualifizierten deutschen Schwimmer bei Olympia. Alle Stars wie Britta Steffen, Paul Biedermann und die Senkrechtstarter, die Zwillinge Markus und Steffen Daibler, gehen durch Ihre Hände und starten ab dem 28. Juli in London. Wie kann Osteopathie den Leistungsschwimmern helfen?
Ulf Dikof:
Mit der Osteopathie können wir die Regenerationszeiten verkürzen und dadurch die Leistung optimieren. Ebenso minimieren wir durch rechtzeitige Behandlungen das Verletzungsrisiko. Nur wenn alle Systeme (visceral, parietal und cranial) gut funktionieren, wenn man Spannungsmuster rechtzeitig auflösen kann, sind Spitzenleistungen möglich.
Können Sie das an einem Beispiel erläutern?
Ulf Dikof:
Die Badekappen und Schwimmanzüge sind in der Regel immer zwei Nummern zu klein, damit sie wie eine zweite Haut anliegen. Das aber stört die Dynamik. Eine gestörte Dynamik beeinflusst die Regeneration negativ. Nach den Rennen sind die Athleten sympatikoton überlagert (der Sympathikus überwiegt, angespannt), dadurch kommt es zu einer Veränderung der Funktion der visceralen Organe. Diese Über- oder Unterfunktionen gilt es so schnell wie möglich zu normalisieren.
Welche Aufgaben haben Sie in der intensiven Vorbereitungszeit der Athleten kurz vor Olympia gehabt und wie sieht Ihr Arbeitstag aus?
Ulf Dikof:
Die Trainingsintensität nahm zuletzt deutlich ab. Da galt es die Athleten physisch und psychisch, optimal auf den Wettkampf vorzubereiten. Wir Therapeuten sind ein ganz wichtiges Bindeglied zwischen Athlet und Trainer. Der Wecker klingelt um sechs Uhr und um 23 Uhr endet der Tag für die Athleten. Häufig kommen dann noch die Trainer, um sich zu informieren, wie es um die Athleten bestellt ist. Ruhezeiten hat man eigentlich nur zu den Mahlzeiten. Nicht, dass man die gesamte Zeit behandelt, doch man ist immer präsent im Hintergrund.
Wann greifen Sie ins Olympia-Geschehen ein? An den wettkampffreien Tagen? Vor, zwischen und nach den Rennen?
Ulf Dikof:
Am 24. Juli ist die Mannschaft nach London geflogen. Am 27. Juli ist der erste Wettkampftag. Vor und zwischen den Rennen werden häufig nur parietale (Muskulatur, Skelett und Bindegewebe betreffende) Dysfunktionen korrigiert. Nach den Rennen liegen unsere Hauptaufgaben in der Therapie.
Welche Verletzungen plagen Leistungsschwimmer am häufigsten?
Ulf Dikof:
Überlastungsbeschwerden an Schultern und Knien durch fasciale und muskuläre Dysfunktionen.
Warum haben Sie sich als erfahrener Physiotherapeut zusätzlich noch fünf Jahre lang intensiv in Osteopathie ausbilden lassen?
Ulf Dikof:
Ich konnte früher nur parietal arbeiten, es fehlten mir die Bausteine der visceralen und cranio-sacralen Behandlungsmöglichkeit.
Was unterscheidet die osteopathische Betreuung von Schwimmern und anderen Sportlern?
Ulf Dikof:
Wie schon bei der ersten Frage beantwortet: die Kompression der Anzüge und Kappen beeinflusst die Dynamik negativ. Bei Schwimmern hat man in der Regel weniger mit traumatischen Impacts zutun.
Sie waren bereits 1992 bei Olympia in Barcelona als Therapeut dabei. Wie hat sich die medizinische Betreuung im Laufe dieser Zeit entwickelt?
Ulf Dikof:
Meiner Meinung nach gab es im deutschen Betreuungsteam 1992 noch keine/n Osteopathen/in. Wir haben viel massiert, was nicht schlecht war, doch weit unter den therapeutischen Möglichkeiten von heute liegt.
Vielen Dank für das Interview!
Stichwort Osteopathie:
Osteopathie ist eine wirksame medizinische Diagnose- und Therapieform, die nur mit den Händen praktiziert wird. Osteopathen betrachten den Patienten als Ganzes und untersuchen den Körper nach der Ursache der Beschwerden. Grundlage hierfür ist eine genaue Kenntnis der menschlichen Anatomie und Physiologie.
Abdruck honorarfrei.
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=== Deutscher Schwimmer Markus Daibler beim Osteopathen (Bild) ===
Der Hamburger Schwimmer Markus Daibler (liegend) könnte bei Olympia in London für eine Überraschung über 200 Meter Lagen sorgen. Behandelt wird er vom Osteopathen Ulf Dikof, dem leitenden Therapeuten des Deutschen Schwimm-Verbandes und Olympiastützpunktes Hamburg/Schleswig-Holstein. Foto: Olympiastützpunkt
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