Trotz gegenteiliger Behauptungen: Eine
Nierenlebendspende kann zur Berufsunfähigkeit führen. So auch bei
einer Spenderin, die im Jahr 2007 einfach nur helfen wollte. Nun
klagte sie vor dem Landgericht Düsseldorf.
Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf stellte am 16.
August 2012 in einem Präzedenzurteil fest, dass die beteiligten Ärzte
des Universitätsklinikums Düsseldorf im Jahr 2007 der klagenden
Nierenspenderin die linke Niere rechtswidrig entnahmen und somit ein
"bis dahin intaktes korporales Organsystem zerstört worden ist". Es
handelte sich um eine "vorwerfbar rechtswidrig durchgeführte
Lebendorganentnahme, bei welcher die angeklagten Ärzte gegen ihre
obliegende Aufklärungspflichten verstoßen haben".
Bei der Lebendspende ist zwingend vorgeschrieben, dass zwei Ärzte
die Risikoaufklärung des Spenders vornehmen. Einer davon muss
unabhängig sein und darf weder an der Entnahme noch an der
Übertragung der Organe oder Gewebe des Spenders beteiligt sein. Sie
dürfen auch nicht Weisungen eines Arztes unterstehen, der an diesen
Maßnahmen beteiligt ist, § 5 (2) Satz 1 und 2 i. V. m. § 8 (2) Satz 3
TPG.
Genau das ist aber in dem verhandelten Fall nicht geschehen. Die
erforderliche Risikoaufklärung eines unabhängigen Arztes, der
sicherstellen soll, dass die Aufklärung "völlig unvoreingenommen
erfolgen kann", gab es nie.
Wie die Berliner TAZ im Mai 2012 berichtete, wurde das
Universitätsklinikum Düsseldorf bereits 2005 auffällig, als sie das
Organ eines vermeintlich hirntoten Patienten entnehmen ließ, für den
keine zweite, unabhängige Hirntoddiagnose vorlag. Die Gesetzeslage
schreibt, ebenso wie bei der Risikoaufklärung eines Lebendspenders,
einen zweiten unbeteiligten Arzt vor. Diese klaren gesetzlichen
Vorgaben dienen dem Schutz des Spenders.
Auch wenn das Universitätsklinikum Düsseldorf diesen § 8 des
Transplantationsgesetzes während des Prozesses als "Überformalismus"
bezeichnete, teilte die Kammer diese Einschätzung nicht: "Bei der
Regelung des § 8 Absatz 2 Transplantationsgesetz - TPG handelt es
sich daher nicht um eine gesetzgeberische Handlungsempfehlung, deren
Einhaltung der Ermessensentscheidung des mit der Aufklärung eines
Organspenders betrauten Arztes überlassen wäre, sondern um eine
besonders ausgestaltete gesetzliche Regelung, deren Einhaltung keinen
Ermessensspielraum belässt."
Das Gericht stellte weiterhin fest, dass einige beteiligte Ärzte
intern gegen die Entnahme der Niere bei der Klägerin gewesen sind,
die Klägerin darüber aber niemals informiert wurde. Daher wäre ein
unabhängiger Arzt umso wichtiger gewesen, um die "Tragweite der von
der Klägerin zu treffenden Entscheidung herauszustellen."
Die Klage gegen das Universitätsklinikum Düsseldorf ist somit "dem
Grunde nach gerechtfertigt" und der Klägerin ist jeder materiellen
und immateriellen Schaden im Zusammenhang mit der
streitgegenständlichen Lebendnierenspende zu ersetzen. Gegen das
Urteil sind noch Rechtsmittel zulässig.
Etliche weitere Nierenlebendspender wurden in der Vergangenheit
ähnlich mangelhaft (inhaltlich und formal) aufgeklärt und haben mit
gesundheitlichen Einschränkungen bis hin zur Arbeitsunfähigkeit
aufgrund der Folgen der Organentnahme zu kämpfen. Weitere Klagen in
Deutschland und der Schweiz werden folgen.
Die Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V.
(www.nierenlebendspende.com) befürwortet dieses klare Urteil und wird
sich weiter dafür einsetzen, dass der oft verantwortungslose Umgang
mit Nierenlebendspendern vor und nach der Spende in Bezug auf
Aufklärung, Auswahl, Betreuung und Absicherung der Spender beendet
wird.
Pressekontakt:
V.i.S.d.P.: Ralf Zietz, 1. Vorsitzender, Interessengemeinschaft
Nierenlebendspende e. V., 27321 Thedinghausen, Fon: 04204-685478,
Email: ralf.zietz@nierenlebendspende.com, Internet:
www.nierenlebendspende.com.