Die Altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) ist
die häufigste Augenerkrankung in Deutschland, allein 50.000
Bundesbürger erkranken jährlich an der sogenannten "feuchten" AMD,
die unbehandelt schnell zur Erblindung führen kann. In den Jahren
2006 und 2007 wurden die Medikamente Macugen und Lucentis zugelassen,
die in den Augapfel gespritzt werden (Intravitreale operative
Medikamentenapplikation - IVOM). Sie können die feuchte AMD zwar
nicht heilen, aber in den meisten Fällen das Fortschreiten verhindern
oder verlangsamen.
Seit dem 1. Mai 2012 wird Augenärzten ein IVOM-Vertrag der AOK
Baden-Württemberg angeboten (www.qmbw.de/vertraege). Die Krux: Der
Vertrag belohnt es, wenn das wesentlich billigere Medikament Avastin
verwendet wird, das für die Augenheilkunde nicht zugelassen ist. So
kann ein Arzt beispielsweise aufs Jahr gerechnet mit einem Bonus von
knapp 30.000 Euro rechnen, wenn er monatlich 35 Injektionen bei
AOK-Patienten durchführt und dabei auf die beiden zugelassenen
Medikamente verzichtet. Fällt die Entscheidung auf Avastin,
profitiert also der Arzt.
Der Patient dagegen hat von der Entscheidung für das nicht
zugelassene Avastin keinen Vorteil, im Gegenteil: Er verzichtet nicht
nur auf die Produkthaftung des Herstellers, sondern erklärt sich
zudem ausdrücklich damit einverstanden, dass "bestimmte
Nebenwirkungen" häufiger auftreten können und voraussichtlich mehr
Spritzen notwendig sind. So steht es zumindest in der
Muster-Einwilligungserklärung, die den Vertragsärzten zur Verfügung
gestellt wird. Einen Hinweis auf die Bonus-Regelung sucht man darin
vergeblich.
Nach Ansicht der Präsidentin des Deutschen Blinden- und
Sehbehindertenverbandes, Renate Reymann, ist die zuständige
Aufsichtsbehörde gefragt: "Das baden-württembergische
Sozialministerium kann nicht einfach zuschauen, wie hier versucht
wird, das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zu
untergraben!"
Der IVOM-Vertrag stößt in eine "Abrechnungslücke", denn bisher
konnten sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der
GKV-Spitzenverband nicht auf eine Abrechnungsziffer für die
Intravitreale Medikamentenapplikation einigen. Mehr Infos zum
Konflikt um die AMD-Therapie und Tipps für Patienten unter
www.dbsv.org/makula
Pressekontakt:
Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV)
Volker Lenk
Pressesprecher
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