fit und munter - Maklerzentrum Schweiz AG: Die Risiken der Spitalreform

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Maklerzentrum Schweiz AG: Die Risiken der Spitalreform


Interview mit Michael Hug, Mitglied der Geschäftsleitung

Welche Vorteile ergeben sich für die Versicherten aus der Reform der Spitalfinanzierung? Wirkt sich dies für alle Versicherten (allgemein, halbprivat und privat) genau gleich aus?

Wenn sich überhaupt ein Vorteil für die Versicherten ergibt, dann allenfalls nur insoweit, dass sich Patienten, die nur über die Grundversicherung verfügen, seit dem 1.1.2012 auch in (Listen)-Privatspitälern der ganzen Schweiz, zum Fallpauschalen-Tarif des Wohnkantons behandeln lassen können. Für die halbprivat oder privat versicherten Personen, die diese Leistungen bis anhin ohnehin quersubventioniert haben, ändert sich kurzfristig nichts. Mittelfristig jedoch sollten diese Prämien deutlich reduziert werden können. Ob und wann dies geschieht, bleibt allerdings abzuwarten. Die Krankenkassen halten sich hier noch ziemlich bedeckt.

Mit der Reform besteht nun die freie Spitalwahl in der ganzen Schweiz, unabhängig davon, ob es sich um ein öffentliches oder um privates Spital handelt. Warum sollen Versicherte trotzdem noch Spitalzusatzversicherungen aufrechterhalten?

Nun ja, es könnte tatsächlich den Anschein erwecken, es braucht die Zusatzversicherung "allgemeine Abteilung ganze Schweiz" nicht mehr, weil die Grundversicherten neuerdings die freie Spitalwahl haben. Die Wirklichkeit sieht jedoch ganz anders aus und kann zu erheblichen Selbstkosten führen. Den Versicherten werden nur die Kosten zum Tarif (Fallpauschale) ihres Wohnkantons vergütet, den Rest müssen sie - falls sie keine Zusatzversicherung haben - selber bezahlen. Zudem muss das gewählte Spital auf der Liste des jeweiligen Kantons aufgeführt sein, ansonsten müssen auch hier die Mehrkosten selber bezahlt werden. Somit ist klar ersichtlich, es braucht nach wie vor eine Zusatzversicherung, die allfällige Differenzbeträge abdeckt. Aufgrund der neuen Spitalfinanzierung müsste diese jedoch deutlich günstiger ausfallen, als die Prämie, die auch heute noch unverändert abverlangt wird. Viele Kassen geben die eingesparten Prämien nicht an ihre Kunden weiter. Im Gegenteil: Einige Kassen fordern, die Prämien sogar zu erhöhen.

Die freie Spitalwahl soll mehr Transparenz der Leistungen bringen und damit den Vergleich zwischen den Spitälern erleichtern. Sind die Versicherten damit nicht überfordert? Oder anders gefragt: Worauf müssen die Versicherten bei der Spitalwahl achten?

In praktisch allen unserer täglich rund 200 Beratungsgesprächen stellen wir unverkennbar fest, dass die Versicherten nichts von der oft angepriesenen "Transparenz" spüren. Sie sind mit der Sachlage völlig überfordert und fühlen sich allein gelassen. Darum gilt: Trotz Spitalreform - und dem damit verbundenen Prämienanstieg in der Grundversicherung - ist der Wahl der richtigen Zusatzversicherung allerhöchste Priorität zu schenken, falls man vor unliebsamen Überraschungen verschont bleiben will. Versicherten, ohne Spitalzusatzver-sicherung empfehle ich dringend, sich vor einem ausserkantonalen Spitaleintritt genau zu erkundigen, ob das gewählte Spital auf der Spitalliste aufgeführt ist und falls ja, wie hoch die Differenz der dortigen Fallpauschale zu derjenigen des Wohnkantons ist.

Sollten die Prämien der Spitalzusatzversicherungen (insbesondere auch für die halbprivate und private Deckung) tatsächlich in dem Ausmass reduziert werden, wie sie es eigentlich müssten, werden diese wieder für breitere Bevölkerungskreise interessant, also für Versicherte, die bislang von den heutigen, sehr hohen Prämien abgeschreckt werden.

Welche Nachteile ergeben sich für die Versicherten aus der Reform der Spitalfinanzierung? Wirkt sich dies für alle Versicherten (allgemein, halbprivat und privat) genau gleich aus?

Die Geschichte ist schnell erzählt. Im Rahmen der Reform, müssen sich auch die Kranken-kassen an den Investitionskosten der öffentlichen Spitäler beteiligen. Dies führt unweigerlich zu einem Prämienschub in der Grundversicherung. Gleichzeitig müssen sich die Kantone an den Kosten der privaten Listenspitäler beteiligen, was zur Folge hat, dass die Steuern um geschätzte 1,6 Milliarden Franken ansteigen. Die negativen Auswirkungen der Fallpauschale wirken sich im Wesentlichen jedoch nur auf Versicherte aus, die lediglich über eine Grundversicherung verfügen, während die halbprivat oder privat Versicherten alle Leistungen weiterhin ohne Einschränkungen erhalten und dazu mit einer Prämienreduktion ihrer Spital-zusatzversicherung rechnen können, die durch die Mehrkosten der Grundversicherung abgefedert wird.


Welcher Handlungsbedarf ergibt sich für die Versicherten (allgemein, halbprivat, privat)?

Wenn man es genau betrachtet, ist die Wahl der richtigen Krankenversicherung - auch finanziell gesehen - eine der wichtigsten Entscheidungen, die man in seinem Leben trifft. Dabei hilft eine umfassende Beratung durch unabhängige Fachspezialisten. Ob man sich für eine halbprivate oder private Krankenversicherung entscheidet oder darauf ganz verzichtet, ist eine Entscheidung, die sich später oftmals nicht mehr korrigieren lässt. Leider ist es für viele Menschen unglaublich schwer, sich vorurteilslos beraten zu lassen. Unzählige Prämienvergleiche in Printmedien oder in Internet-Foren bringen in der Regel keine wirkliche Hilfe.

Aus diesem Grund haben wir eine kostenlose Hotline eingerichtet. Unter der Nummer 0800 822 800 (von Montag bis Freitag, zwischen 08.00 und 17.00 Uhr) stehen Ihnen unsere Fachspezialisten kostenlos zur Verfügung.

Die Reform ist also mit Mehrkosten verbunden. Müssen die Versicherten nun mit weiteren Prämienaufschlägen rechnen?

Auf die gesamte Schweiz gesehen, generiert der neue Verteilschlüssel einen Prämienschub von etwa 1,6 Prozent. Lediglich in sieben Kantonen ist der Verteiler mehr oder weniger prämienneutral oder hat sogar einen Prämien senkenden Effekt. Für den Grossteil der Bevölkerung sind aber Mehrkosten unvermeidlich. Je nachdem wie sich das Ganze entwickelt, rechnet die Branche mit einem Mehraufwand von CHF 150 bis 650 Millionen. Das würde einen Prämienschub in der Grundversicherung von 1 bis 3 Prozent bedeuten.

Helsana, Sanitas und KPT haben eine Einkaufsgemeinschaft gebildet und mit 250 Spitälern Verträge abgeschlossen - dies unabhängig von den Verhandlungen von Tarifsuisse. Ist das aus Sicht der Versicherten positiv zu werten?

Ich begrüsse die Philosophie der Verhandlungsgemeinschaft HSK: "Partnerschaftliche Verträge vor staatlichen Bedingungen" sehr. Ich bin der festen Überzeugung, dass partnerschaftliche Verträge nachhaltiger sind, als Lösungen, bei denen der Staat entscheiden muss. So entsteht mehr Wettbewerb in Bezug auf Qualität und Effizienz, zu vernünftigen Kosten. Das wiederum ist aus Sicht der Versicherten nur positiv zu bewerten.


Konsequenterweise müssten die Prämien für die Zusatzversicherungen sinken. Wird dies -Ihrer Einschätzung nach - so sein? Falls ja - mit welcher Reduktion rechnen Sie?

Das hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab:

1. Wie gestaltet sich die Spitalplanung der Kantone resp. wie viele und welche Spitäler werden auf die jeweiligen Spitallisten genommen?
2. Wie werden sich die Patienten verhalten oder genauer, welche Spitäler werden sie bevorzugen, nachdem nun die freie Spitalwahl in der Grundversicherung angeboten wird?
3. Im Weiteren bin ich gespannt, was mit den Spitälern geschieht, die von den Kantonen nicht auf der Spitalliste geführt werden. Diese Spitäler sind frei, d.h. sie erhalten keinen Anteil vom Kanton, können jedoch eigene Verträge mit den Krankenkassen abschliessen.

All diese Umstände werden sehr grosse Auswirkungen auf die Kosten und Prämien haben, und es fällt im heutigen Zeitpunkt schwer, eine genaue Prognose abzugeben.


Ist davon auszugehen, dass sich die Leistung/Infrastruktur der Spitäler verschlechtert, wenn sie nun nicht mehr nach Aufwand abrechnen können, sondern mit einer Fallpauschale abgegolten werden, die die medizinische Leistung, die Pflege, die Unterbringung und anteilsmässig die Investitionskosten decken soll?

Die Fallpauschale macht lediglich die Preise für die Behandlungen vergleichbar. Die Qualität der Behandlung, wohin sich diese entwickelt, wird in keiner Weise beachtet. Bereits heute besteht ein grosser Personalmangel in Schweizer Spitälern. Es ist leider zu befürchten, dass sich die Arbeitsbedingungen des Gesundheitspersonals, vor allem in Bezug auf "nur" Grundversicherte, verschlechtern könnte. Mit immer weniger Personal müssen mehr Leistungen erbracht werden, was der Qualität bei der Arbeit am Patienten sicherlich nicht förderlich ist.

Beobachtet man andere Länder, welche die Fallpauschale schon seit einiger Zeit eingeführt haben, zum Beispiel Deutschland, stellt man fest, dass gewisse Spitäler lieber nur noch Patienten aufnehmen, die "Gewinn bringen". D.h., deren Behandlung kann routiniert und ökonomisch durchgeführt werden. Patienten, die aufwändige, teure oder risikoreiche Behandlungen benötigen, sind weniger gerne gesehen. Da sind die Spitäler nämlich gezwungen, Fallpauschalen zu erreichen, mit welchen sie genügend Geld erwirtschaften können, d.h. also, mehr teurere Eingriffe (z.B. Operationen) vorzunehmen, die sich mit der Fallpauschale gewinnbringend abrechnen lassen. Ebenso besteht das Risiko, dass Patienten öfters selber in die Tasche greifen müssen, wenn es um Implantate geht. Event. könnten nur noch günstige (einfachere, ältere) Modelle von Implantaten von der Krankenkasse vergütet werden. Patienten, die aufgrund ihrer Diagnose andere, teurere Produkte benötigen, müssten den entsprechenden Aufpreis selber bezahlen oder - wenn sie noch können - entsprechende Zusatzversicherungen abschliessen. Der Druck wird ansteigen.


Werden die Patienten schneller nach Hause geschickt und dadurch der Pflegeaufwand stärker auf Angehörige und/oder Spitex abgewälzt?

Da die Spitäler für jeden Fall oder jede Diagnose nur einen festgelegten Betrag erhalten, ganz gleich ob der Patient weitere Abklärungen benötigt, Begleiterkrankungen hat oder Komplikationen erleidet, kann ein solches Szenario nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Kurze, aber teure Spitalaufenthalte könnten die Folge sein. Die logische Konsequenz daraus könnte sein, dass diese Patienten vermehrt auf den ambulanten Bereich verschoben werden. Dadurch werden nicht nur die Angehörigen oder die Spitex, sondern vor allem die Hausärzte und damit auch die Krankenkassen mehr belastet. Dies hat wiederum zur Folge hat, dass die Prämien weiter ansteigen.

V.i.S.d.P.:

Oliver Mikus
Redakteur
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