Lausanne, Schweiz, 4. Oktober - Der Beratungsausschuss für ophthalmologische Produkte der US-Arzneimittelbehörde "Food and Drug Administration" (FDA) hat einstimmig mit 19 zu 0 Stimmen dafür gestimmt, dass der voraussichtliche Nutzen des Argus®-II-Retinaprothesensystems höher ist als die damit verbundenen Gesundheitsrisiken - ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Marktzulassung des durch Second Sight Medical Products, Inc. hergestellten Produkts. Um zu dieser Feststellung gelangen zu können, hatte der Ausschuss insgesamt zehn Stunden lang sorgfältig Daten aus einer internationalen klinischen Studie zu dem innovativen Netzhautimplantat gesichtet und diskutiert, welches zum ersten Mal in der Geschichte Teile der Sehfähigkeit von Patienten wiederherstellt, die durch Retinitis Pigmentosa (RP) erblindet sind.
"Wir freuen uns sehr über die Empfehlung. Der Ausschuss hat sich gründlich informiert und sorgfältig beraten. Durch seine Entscheidung wird die Arbeit von zwei Jahrzehnten, die wir und unsere Mitarbeiter bei Second Sight geleistet haben, bestätigt", sagt Robert Greenberg, MD, PhD, Präsident und CEO von Second Sight. "Wir möchten uns auch bei allen behandelnden Ärzten sowie den Menschen mit Retinitis Pigmentosa bedanken, die sich weltweit freiwillig für die Teilnahme an unseren klinischen Studien zur Verfügung gestellt haben. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der heutige Erfolg nicht möglich gewesen."
Empfehlung ist das Ergebnis von 20 Jahren Entwicklung
Der Ausschuss, bestehend aus 19 stimmberechtigten Spezialisten aus den Bereichen Ophthalmologie, Netzhauterkrankungen, Sehbehinderungen, Elektrophysiologie und weiteren Fachgebieten, hörte am Freitag, 28. September, Aussagen der US-Arzneimittelbehörde "Food and Drug Administration" sowie mehrerer Ärzte und Teilnehmer der jüngsten klinischen Studien, die seit 2007 durchgeführt worden waren. Er stellte Fragen, diskutierte ausführlich Bedenken, wog sorgfältig das Für und Wider ab und entschied dann einstimmig, dass der voraussichtliche Nutzen des Argus-II-Retinaprothesensystems höher ist als die damit verbundenen Gesundheitsrisiken. Die Empfehlung ist das Ergebnis von über 20 Jahren Arbeit sowie öffentlichen und privaten Investitionen in Höhe von 200 Millionen US-$. Vor zehn Jahren erhielt ein Patient erstmals ein bionisches Auge von Second Sight im Zuge der klinischen Studien zum Argus-I-Retinaimplantat der ersten Generation im Jahr 2002. Viele der mehreren Hundert Menschen, die an der Entwicklung von Argus II beteiligt waren, zeigten sich bewegt im Hinblick auf die Empfehlung des Ausschusses.
Prof. Dr. med. Peter Walter (Universitäts-Augenklinik, RWTH Aachen) ist begeistert von der neuen Möglichkeit zur Behandlung von Retinitis Pigmentosa: "Ich habe bereits vor über 15 Jahren hier in Deutschland mit der Arbeit an Netzhautimplantaten begonnen, weil ich wusste, dass wir blinden Retinitis-Pigmentosa-Patienten helfen können und müssen. Mit Argus II können wir den Patienten heute endlich eine Therapie anbieten, die sich auf langjährige Sicherheits- und Leistungsdaten stützt."
"Nach der europäischen Zulassung im vergangenen Jahr, die sich auf Sicherheit und Langzeitleistung des Argus-II-Retinaprothesensystems stützte, freuen wir uns über die Bestätigung des FDA-Ausschusses, der den voraussichtlichen Nutzen von Argus II einstimmig anerkannt hat. Diese Empfehlung erhöht das Vertrauen von Chirurgen in der ganzen Welt, Patienten diese Form der Behandlung anzubieten, und sie eröffnet uns die Chance, die Lebensqualität blinder Patienten zu verbessern, für die es keine andere Therapie gibt", erklärte Prof. Bernd Kirchhof (Augenklinik, Uniklinik Köln).
"Ich finde das System großartig, es ist wunderbar, es hat mein Leben verändert. Ich bin einfach gerne an etwas beteiligt, das anderen Patienten mit Retinitis Pigmentosa hilft", erklärte Keith aus Manchester, der das System seit 2009 benutzt, gegenüber dem FDA-Ausschuss.
"Es ist ein spannender und historischer Augenblick für alle Menschen mit fortgeschrittenen vererbbaren Netzhauterkrankungen wie Retinitis Pigmentosa", so Dr. Stephen Rose, Forschungsleiter bei der Stiftung "Foundation Fighting Blindness", die das Projekt bereits seit der Anfangsphase unterstützt.
Von Retinitis Pigmentosa, einer vererbbaren Netzhautdegeneration, die häufig zur fast vollständigen Erblindung führt, sind in Europa rund 200.000 Menschen betroffen. Die Erkrankung wurde von der Weltgesundheitsorganisation als "Orphan Disease", also als seltene Krankheit, eingestuft. Im Jahr 2011 erhielt Argus II, das vollständig erblindeten RP-Patienten helfen soll, die CE-Kennzeichnung und ist damit weltweit die erste zugelassene Behandlungsmethode für schwere RP. "Wir haben enormen Zuspruch von Seiten der deutschen und italienischen Regierung erhalten, Patienten mit RP kostenlos mit dem Argus-II-System auszustatten. Wir hoffen auf ähnliche Unterstützung in Großbritannien, Frankreich und anderen europäischen Ländern", erklärte Dr. Gregoire Cosendai, Head of Europe von Second Sight.
Das Argus-II-System konvertiert Videobilder, die durch eine Miniaturkamera in der Brille des Patienten erfasst werden, in eine Serie kleiner elektrischer Impulse. Diese werden drahtlos an die Elektrodenmatrix auf der Oberfläche der Retina (epiretinal) übermittelt. Die verbleibenden Nervenzellen der Netzhaut werden durch diese Impulse stimuliert, wodurch entsprechende Lichtmuster vom Gehirn wahrgenommen werden. Die Patienten lernen, diese visuellen Muster zu interpretieren, und erlangen dadurch einen gewissen Grad an funktionellem Sehvermögen. Second Sight erhielt im Jahr 2011 die Zulassung (CE-Kennzeichnung) für die Verwendung des Systems in Europa - die weltweit erste und einzige Zulassung für eine Netzhautprothese. Auf der Basis dieses überwältigenden Vertrauensbeweises durch die medizinische Welt wird sich das Unternehmen nun auf sein Ziel konzentrieren, Argus II als erste zugelassene Retinaprothese in den USA einzuführen.