Dr. Klaus Ottmann, Vizepräsident der
Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), stellte seine Topthemen zum 71.
Bayerischen Ärztetag in Augsburg vor.
"Laut Regierungsbegründung sollen mit dem geplanten
Patientenrechtegesetz eine verbesserte Patienteninformation und vor
allem die Rechte der Patienten gegenüber den Leistungsträgern
gestärkt werden", erklärt der Vizepräsident der Bayerischen
Landesärztekammer, Dr. Klaus Ottmann, im Vorfeld des 71. Bayerischen
Ärztetages in Augsburg. Bislang sehe der Gesetzentwurf eine
Kodifizierung des bisherigen Behandlungs- und Arzthaftungsrechts im
Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vor. Die Förderung einer
Fehlervermeidungskultur wie eine Stärkung der Verfahrensrechte bei
Behandlungsfehlern sei geplant. Die ursprünglichen Bestrebungen der
A-Länder zu einer umfassenden Beweislastumkehr hätten im derzeitigen
Regierungsentwurf zum Glück keinen Niederschlag gefunden, was die
Ärzteschaft ausdrücklich begrüße, so Ottmann. Dafür werde aber
diskutiert, den Begriff "grobe Fahrlässigkeit" enger zu definieren.
Strittige Themen seien nach wie vor der Patientenbrief, eine
Regelung bezüglich der Informationspflicht bei Individuellen
Gesundheitsleistungen (IGeL) und der Härtefallfonds. Der BLÄK-Vize
spricht sich für die Einführung eines verschuldensunabhängigen
Hilfsfonds nach ärztlicher Behandlung aus. Schwere, schicksalhafte
Verläufe nach medizinischen Behandlungen bräuchten
Ausnahmeregelungen, so Ottmann. Die Bundesregierung lehnt die
gesetzliche Verankerung eines schadensunabhängigen Hilfsfonds
entgegen der bisherigen Stellungnahme der A-Länder weiterhin ab.
Ottmann nimmt auch das am 1. Januar 2012 in Kraft getretene
GKV-Versorgungsstrukturgesetz (VStG) ins Visier: "Durch die in § 116b
Sozialgesetzbuch (SGB) V geregelten Rahmenempfehlungen zwischen
Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten können wir die
sektorübergreifende Zusammenarbeit langfristig stärken. Die
Richtlinien dazu erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), sie
liegen derzeit leider noch nicht vor", erklärt der BLÄK-Vize. Auch
durch die Neuregelung des § 115b SGB V sei es Vertragsärzten nun
erlaubt in Krankenhäusern ambulant zu operieren. Dabei wurde auch §
115a SGB V so geändert, dass hierzu beauftragte Vertragsärzte in den
Räumen des Krankenhauses oder in einer Arztpraxis Leistungen im
Rahmen der vor- und nachstationären Behandlung für das Krankenhaus
erbringen können. "Damit kommen wir einer stärkeren Verzahnung der
Sektoren ein gutes Stück näher", zeigt sich Ottmann überzeugt.
Im Rahmen der derzeitigen Diskussion um Transplantationen
berichtet der Vizepräsident von der Arbeit der sechs in Bayern
angesiedelten Lebendspendekommissionen. Für jedes
Transplantationszentrum, das Lebendspenden durchführt, ist jeweils
eine eigene Kommission zuständig. 2010 gab es 126 Anhörungen, 2011
stieg die Anzahl der Anhörungen auf 179. In nur zirka ein bis zwei
Prozent der Anhörungen würden Anträge auf Lebendspenden abgelehnt.
"Nach einer deutlichen Steigerung der Lebendspendetransplantationen
im Jahr 2011 müssen wir leider jetzt schon feststellen, dass aufgrund
der laufenden Diskussionen die Anträge auf Lebendspende im Jahr 2012
bereits dramatisch zurückgegangen sind", so Ottmann.
Zu den momentanen Verhandlungen über die geplante Reform der
Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) berichtet der Vizepräsident, dass
eine neue GOÄ in dieser Legislaturperiode nicht mehr erwartet werden
könne. Die Verhandlungen mit der Privaten Krankenversicherung seien
derzeit zum Stillstand gekommen. Die Bundesärztekammer werde jedoch
eine komplette, dem aktuellen medizinischen Standard entsprechende
betriebswirtschaftlich berechnete neue GOÄ dem
Bundesgesundheitsministerium vorlegen.
Weiterhin sprach sich Ottmann dafür aus, die in den Medien
kursierenden Meldungen über Zuweisungen gegen Entgelt verstärkt
kritisch zu hinterfragen. Allerdings gestalte sich ein Abgrenzen von
vertragsärztlicher Tätigkeit zu gleichzeitigen gewerblichen
Engagements immer schwieriger. "Wir wollen den 71. Bayerischen
Ärztetag in Augsburg nutzen, um die zunehmende Industrialisierung
innerhalb der Medizin ausführlich zu diskutieren". Die Auswüchse
eines verordneten Wettbewerbsgedankens im System dürften nicht auf
dem Rücken der Ärztinnen und Ärzte ausgetragen werden. Fehlanreize,
die zu Lasten der Patientenversorgung gingen, lehne die Ärzteschaft
kategorisch ab.
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