fit und munter - Tempi passati - der Arzt um die Ecke?

fit und munter

Tempi passati - der Arzt um die Ecke?


Wie wird in ein paar Jahren die ambulante
und stationäre medizinische Versorgung in Bayern aussehen? Aktuellen
Prognosen zufolge ist der "Arzt um die Ecke" ein Auslaufmodell.
Stattdessen werden Patientinnen und Patienten künftig weitere Wege
zurücklegen, um die nächste Arztpraxis zu erreichen. Dies trifft vor
allem für ländliche Regionen zu. Die Bayerische Staatsregierung hält
dagegen mit dem Förderprogramm zum Erhalt und zur Verbesserung der
ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum mit dem Ziel, die
flächendeckende, wohnortnahe ambulante Patientenversorgung
aufrechtzuerhalten. "Doch ist dies überhaupt möglich?", frägt Dr. Max
Kaplan, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) im Vorfeld
des Bayerischen Ärztetages.

Der BLÄK-Präsident begrüßt das Förderprogramm ausdrücklich, bildet
es doch einen wichtigen Schritt zur Realisierung der jahrelangen
Forderungen der Ärzte nach einer auch in Zukunft qualitativ
hochwertigen und flächendeckenden medizinischen Versorgung in allen
Landesteilen Bayerns. "Angesichts des demografischen Wandels muss es
uns allen ein besonderes Anliegen sein, jetzt die Voraussetzungen
hierfür zu schaffen", so Kaplan. Die Gesellschaft und die sie
tragenden Sozialsysteme befänden sich in einem Wandel. Damit
verändere sich auch das Berufsbild des Arztes. Insbesondere:

- Die Rolle des Hausarztes in der gesundheitlichen Versorgung der
Bevölkerung. Hier wird es stärker auf die haus- und familienärztliche
Funktion des Allgemeinarztes ankommen sowie auf die Koordination- und
Integrations- bzw. Gesundheitsbildungsfunktion.

- Förderung kooperativer Versorgungsformen. Dies bedeutet, dass
künftig Ärztehäuser mit familienfreundlichen Arbeitszeiten und
-strukturen unter Einbeziehung qualifizierter Medizinischer
Fachangesteller und anderer Gesundheitsberufe errichtet werden und
ein Ausbau der Teamarbeit erfolgt.

- Regionale Versorgungszentren am Sitz einer
Verwaltungsgemeinschaft mit Hausärzten als Kristallisationspunkt.
Dies bedeutet Konzentration und Kooperation von medizinischer
Kompetenz an einem Standort (Synergiepotenzial).

- Versorgung wohnortnah. Dieses Versorgungskonzept wird ergänzt
mit Filial-Zweigpraxen von bestehenden Praxen aus dem benachbarten
Umfeld für z. B. die Fachrichtungen Orthopädie, Dermatologie, HNO und
Augen, Gynäkologie und Neurologie unter Einbeziehung anderer
Gesundheitsberufe.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ausbau einer
sektorübergreifenden Versorgung, wie die Förderung des
Belegarztsystems, die versorgungsgerechte Umsetzung der ambulanten
spezialisierten fachärztlichen Versorgung nach Paragraph 116 b SGB V
(Sozialgesetzbuch V), die Wiederbelebung der integrierten Versorgung
und die Sicherstellung des Bereitschaftsdienstes u.a. durch
Bereitschaftspraxen an Kliniken. Nur so sei eine wohnortnahe,
flächendeckende, qualitativ hochwertige ambulante und stationäre
Versorgung auch in Zukunft gesichert. Aus diesem Grund unterstützt
die BLÄK auch die Bundesratsinitiative des Bayerischen
Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit zur Änderung des
Krankenhausentgeltgesetzes, um Ungerechtigkeiten und Fehlanreize im
Vergütungssystem der Krankenhäuser zu vermeiden. Unsere Kliniken
geraten nicht nur mehr und mehr in finanzielle Not, sondern ihnen
gehen auch ihre Ärzte aus. Mitt-lerweile können im stationären
Bereich in Bayern über 1.000 Arztstel¬len nicht nachbesetzt werden.
"Grundsätzlich geht es auch um die Nachhaltigkeit der
wirtschaftlichen Planbarkeit und um die Honorarsicherheit", so
Kaplan. Die Zahlen nähmen an Dramatik zu: Bereits heute sei jeder
dritte Hausarzt in Bayern über 60 Jahre alt und werde bald in den
Ruhestand gehen (2.938 von 9.000 = 32,6 %). Weil der Nachwuchs fehle,
schließe schon jetzt jede Woche eine Hausarztpraxis in Bayern für
immer. Konnten 2010 "nur" 74 Hausarztpraxen nicht mehr nachbesetzt
werden, so waren es 2011 bereits 113, eine Steigerung um 52,7 %. Die
Zahl der Facharztpraxen in Bayern, die mangels Nachfolger geschlossen
wurden, blieb annähernd konstant: in 2010 waren es 61 und in 2011 60.
"Die Versorgungsstrukturen müssen sich wandeln, wenn immer weniger
junge Ärztinnen und Ärzte ihre Zukunft in einer Einzelpraxis sehen,
weil sie etwa das wirtschaftliche Risiko nicht eingehen können bzw.
wollen, mehr Wert auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance legen
sowie die Berufsausübung im Team, in Teilzeit oder im
Angestelltenverhältnis bevorzugen", schloss der Präsident ab.



Pressekontakt:
Bayerische Landesärztekammer
Pressestelle
Dagmar Nedbal
Mühlbaurstraße 16
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Fax: 089 4147-202
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