Geht es nach Jacques Neirynck (CVP), dann sollen Kinder nach der Geburt genetisch untersucht werden dürfen. Die nationalrätliche Wissenschaftskommission (WBK-N) unterstützt das Anliegen. Das gescheiterte nationale Forschungsprojekt SESAM, das Ähnliches vorhatte, scheint vergessen zu sein. Der Basler Appell gegen Gentechnologie warnt vor den Folgen eines solchen Schnellschusses auf Kosten des Persönlichkeitsschutzes von Kindern.
Es ist unklar, was die Mitglieder der WBK-N am 18. Oktober dazu bewog, die Parlamentarische Initiative (12.442) von Jacques Neirynck nicht nur zu unterstützen, sondern sie gar in eine Kommissionsmotion umzuwandeln: Neirynck nämlich verlangt, dass künftig allerlei genetische Untersuchungen an Neugeborenen auch ohne medizinische Indikation nicht nur erlaubt sein sollen. Er will mit den gewonnenen Daten auch eine nationale Datenbank erstellen lassen. Diese soll einerseits medizinischem Personal, andererseits zu Forschungszwecken zur Verfügung stehen. Man glaubt zu träumen: Als Begründung wird angeführt, es seien bereits gentherapeutische Massnahmen auf dem Markt, die man auf Basis der genetischen Untersuchungen einsetzen könne. Ausserdem «lassen sich Kosten sparen, indem das Auftreten von Krankheiten, die zu einem hohen Invaliditätsgrad führen, verhindert werden» könnten.
Jacques Neirynck versucht in der Wissenschaftskommission schon seit längerem, das Gesetz über genetische Untersuchungen (GUMG) aufzuweichen; bislang ohne Erfolg. Absolut unverständlich ist deshalb, dass der abstruse Vorstoss diesmal mit einer Mehrheit von 13:6 Stimmen Gehör fand. Das ist umso schlimmer, als Neirynck nichts anderes fordert als das genetische Screening von Neugeborenen zum Zweck der Erstellung einer nationalen Datenbank, in etwa also das Gleiche, was der heftig kritisierte nationale Forschungsschwerpunkt SESAM vor ein paar Jahren vorhatte. Das Projekt scheiterte damals kläglich, nicht zuletzt wegen der harschen Zurechtweisung durch die zuständige Ethikkommission beider Basel (EKBB). Diese untersagte die Entnahme und Untersuchung genomischer DNA bei Versuchspersonen vor Erreichung der Mündigkeit. Die EKBB war der Überzeugung, dass die Offenbarung prädiktiver und sensibler genetischer Informationen für das Kind zu einer lebenslangen Belastung werden kann. Dies verletze die Verpflichtung zur Wahrung des Wohls des Kindes, an die der Sorgeberechtigte gesetzlich gebunden ist.
Dem Bundesrat obliegt es nun, die Motion, die erst noch ausformuliert werden muss, zu beurteilen. Der Basler Appell gegen Gentechnologie warnt dringend davor, den unqualifizierten Forderungen einzelner Parlamentarier nachzugeben. Ausserdem scheint es mehr als ratsam, dass sich Kommissionsmitglieder auf ihre Sitzungen künftig besser vorbereiten, damit sie nicht aus Unwissenheit blindlings ihre Zustimmung zu ethisch und auch rechtlich höchst fragwürdigen Anliegen ihrer Kollegen geben. Der Basler Appell gegen Gentechnologie fordert den Bundesrat eindringlich dazu auf, die Bremse zu ziehen und eine Änderung des GUMG zu verhindern. Nur so kann auch weiterhin sichergestellt werden, dass Kinder in ihrer Persönlichkeit geschützt bleiben, wie es Artikel 10 des GUMG heute vorsieht.
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