DÜSSELDORF - Pflegeroboter als Ersatz für Altenpflegepersonal sind keine Zukunftsmusik aus Science-Fiction-Filmen mehr. Praktiker lehnen die elektronischen Seniorensitter jedoch kategorisch ab: "Der Mensch ist durch nichts zu ersetzen. In unseren Fluren werden sie niemals Pflegeroboter sehen", verspricht Thomas Kupczik, Geschäftsführer der Alloheim Senioren-Residenzen GmbH in Düsseldorf, die bundesweit 50 Alten- und Pflegeheime betreibt.
Mit diesem Versprechen reagiert Thomas Kupczik auf zunehmende Anfragen verunsicherter Bewohner und deren Angehöriger. Grund für die wachsenden Befürchtungen sind wiederholte Ankündigungen in den Medien, Roboter würden das Personal in den Altenheimen ergänzen oder gar ersetzen sowie euphorisch gefeierte Entwicklungen in Asien. Auch der gerade im Kino gestartete Film "Robot & Frank", in dem ein Pflegeroboter als Zukunftsvision stilisiert wird, heize die Diskussion an.
"Die Entwicklung von Pflegerobotern läuft derzeit auf Hochtouren", sagt Alloheim-Co-Geschäftsführer Rainer Hohmann, "bis zur Marktreife wird es laut Experten noch etwas dauern, an der grundsätzlichen Machbarkeit zweifelt aber niemand mehr." Ausgestattet mit filigraner Mechanik, sensiblen Sensoren, Computer-Hightech und intelligenten Programmen sind Pflegeroboter dann in der Lage, autonom zu navigieren, Dinge zu greifen sowie die Umgebung wahrzunehmen. Und die Entwicklung legt an Geschwindigkeit zu. Das weltweit renommierte Fraunhofer Institut bewirbt bereits seine Eigenentwicklung "Care-O-bot 3" auf seiner Homepage als "mobilen Roboterassistenten zur aktiven Unterstützung des Menschen im täglichen Leben"; Toyota arbeitet mit Hochdruck an seiner Entwicklung eines Pflegeroboters. Bereits jetzt machen sich die Maschinen nützlich. Hauptsächlich dort, wo die Arbeit schwer, stumpfsinnig oder gar gefährlich ist: in Fabriken.
Roboter ethisch nicht vertretbar
Aber Altenheime sind keine Fabriken und faszinierende Technik darf nach Meinung von Rainer Hohmann nicht von der grundsätzlichen Frage ablenken: Soll es für Roboter bei der Arbeit mit alten Menschen Beschränkungen geben? Hohmann markiert ganz klare Grenzen: "Der unmittelbare Pflegebereich ist absolute Tabuzone für Roboter. Roboter sind Maschinen. Und für Maschinen ist in der Pflege kein Platz. Der Mensch ist durch nichts zu ersetzen. Pflege hat zu tun mit Zuwendung, Zuhören, Einfühlungsvermögen und sozialer Intelligenz. Dinge, die weit über das hinausgehen, was Roboter vortäuschen". Und weiter: "Wir halten allein den Gedanken des Einsatzes von Maschinen für entwürdigend und menschenverachtend. Ich möchte nicht wissen, was Patienten beim Anblick eines Roboters in ihrer Umgebung empfinden würden".
Verantwortung nicht auf Maschinen verlagern
Als Verantwortliche für bundesweit 50 Altenheime kennen Hohmann und Kupczik die Realität. Ökonomische Robotik ist ein Milliardengeschäft und einer der großen Hoffnungsträger - sowohl für den Maschinenbau als auch in der Forschung. Verführerisch ist da der Gedanke, angesichts bekannter personeller Probleme im Pflegebereich den Menschen kurzerhand durch einen Roboter zu ersetzen. Mit dem propagierten Zusatznutzen für eine älter werdende Gesellschaft lassen sich leicht Forschungsgelder generieren. Den Beteuerungen, Pflegeroboter würden den Mitarbeitern lediglich assistieren, traut Hohmann nicht. "Das stimmt sicherlich in der Einführungsphase bei einfachen Tätigkeiten, bei der Ausgabe von Essen oder dem Transport von Geräten und Akten. Aber mit zunehmenden Fähigkeiten des Roboters wächst vermutlich der Wunsch nach mehr. Dann sind es vom Flur bis ans Bett des Pflegebedürftigen, vom Servieren des Getränks bis zum Umbetten eines Patienten, nur noch wenige Schritte."
Doch soweit wird es in den Alloheim-Senioren-Residenzen nicht kommen, versichert Rainer Hohmann. "Wir werden niemals die Verantwortung für Menschen an eine Maschine übertragen", verspricht er, "den bereits vorhandenen und zukünftigen Pflegenotstand werden diese Maschinen weder beseitigen noch mildern."
Bis dieses Szenario Realität wird, ist zwar noch Zeit. "Diese Zeit sollten wir zur Aufklärung nutzen", appelliert Rainer Hohmann und ergänzt: "Wir als Betreiber der Altenheime dürfen die Richtung der Entwicklung nicht der Industrie und den Forschungsinstituten überlassen. Wir müssen in einen konstruktiven Dialog eintreten mit allen Beteiligten. Mit den uns Anvertrauten, deren Angehörigen, den Pflegenden in der Altenarbeit, Vertretern der Industrie, der Politik und allen Akteuren im Gesundheitswesen." Angedacht ist dazu auch eine Werbekampagne mit dem Bild einer Altenpflegerin und der Aussage: "Ich bin kein Pflegeroboter!"
Hohmanns Hauptforderung zur Beseitigung des Pflegenotstandes fasst er so zusammen: "Arbeiten in Pflegeberufen muss attraktiver werden. Wir brauchen dringend umfassende Reformen bei Ausbildung und Qualifizierung. Und die schwere, anspruchsvolle Arbeit mit den Menschen muss honoriert werden - auch finanziell. Hier sind die Gesellschaft und die Politik in der Pflicht." Und was den Einsatz von Pflegerobotern in den Alloheimen anbelangt, stellt er noch einmal fest: "Vieles ist machbar. Aber wir machen nicht alles mit!"