Ein Riss der Achillessehne beeinträchtigt die Funktionalität des Fußes und der unteren Extremität erheblich. Deshalb muss er möglichst früh erkannt und behandelt werden. Öfter als man denkt, je nach Literatur nämlich in 20 bis 30 Prozent der Falle, wird eine derartige Verletzung jedoch übersehen.
Die Therapie wird dadurch erheblich erschwert und protrahiert. Meist bleiben deutliche funktionelle Defizite und/oder Schmerzen bestehen die die Patienten im Alltag massiv beeinträchtigen. Häufig sind die Patienten mehrfach voroperiert und ein schlechtes Ergebnis wird bedauerlicherweise akzeptiert und als unabwendbar angesehen. In den letzten Jahren hat sich die notwendige chirurgische Therapie erheblich verändert. Ziel ist es bleibende Beeinträchtigungen und Behinderungen auf ein möglichst kleines Maß zu reduzieren.
Im Zentrum für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie hat sich für ältere und/oder bereits degenerativ veränderte Achillessehnenrisse die Verstärkung der insuffizienten Achillessehne mittels der Sehne des Großzehenbeugers - des Musculus flexor hallucis longus -bewährt. Diese OP-Methode eignet sich auch für Patienten mit ausgeprägten chronisch-degenerativen Veränderungen der Achillessehne ohne Riss, welche zuvor erfolglos konservativ behandelt wurden.
Anatomie und Funktion der Achillessehne
Die Achillessehne ist die kräftigste Sehne des Körpers. Sie strahlt auf einer Fläche von etwa 2x2 Zentimetern an der posterosuperioren Fläche des Fersenbeins ein.
Die Sehne ist zum Kniegelenk hin mit dem Musculus triceps surae verbunden. Diese Muskel-Sehnen-Einheit überbrückt neben dem oberen Sprunggelenk auch das Kniegelenk. Die Blutversorgung der Sehne ist von Natur aus prekär und kritisch.
2 bis 6 Zentimeter oberhalb des Ansatzes der Achillessehne liegt der am schlechtesten mit Blutgefässen versorgte Bereich.
Etwa 70 Prozent der Achillessehnenrisse sind dort zu finden.
Ursachen und Behandlung
Einem Achillessehnenriss geht häufig eine Schwächung des Gewebes durch alters bedingte Degeneration/Verschleiß der Sehne voraus. Am häufigsten sind Personen im Alter zwischen 30 und 60 Jahren betroffen. Typischerweise berichten die Patienten über seit längerer Zeit bestehende Schmerzen der Achillessehne.
Bei stark degenerativ veränderten Sehnen können Bagatelltraumata zu einem Riss fuhren. Die Sehne reißt dann schon durch plötzliche vehemente Überspannung.
In der Regel sollte die Behandlung innerhalb maximal 4-6 Tagen nach dem Trauma beginnen. Dabei kann sowohl eine konservative als auch eine operative Behandlung durchgeführt werden.
Die Gefahr eines wiederholten Risses ist bei der konservativen Therapie etwas höher. Falls der Sehnenriss erst nach ca. zwei bis drei Wochen nachgewiesen wird und / oder begleitend fortgeschrittene degenerative Veränderungen vorhanden sind, ist die herkömmliche Behandlung nicht erfolgversprechend, denn die Sehnenstümpfe ziehen sich mit der Zeit zurück und das Heilungspotenzial ist aufgrund der verminderten Gewebequalität beeinträchtigt. In einem solchen Fall ist die direkte Naht oft nicht mehr möglich, und es muss eine Sehnenrekonstruktion mit entsprechender Verstärkung erwogen werden.
Verstärkung der Achillessehne durch den Flexor hallucis longus
In unserer Klink hat sich in solchen Fällen vor allem die Verstärkung der Achillessehne mit der Sehne des Musculus flexor hallucis longus bewahrt. Die Flexor hallucis longus-Sehne eignet sich deswegen, weil sie relativ kräftig ist und eine ähnliche Zugrichtung wie die Wadenmuskulatur und die Achillessehne aufweist.
Operatives Vorgehen
Nach einem Hautzugang auf der Innenseite des Unterschenkels unmittelbar neben der Achillessehne wird diese zunächst in der ganzen Länge dargestellt. Degenerativ verändertes Gewebe wird herausgeschnitten, die Sehnenstümpfe angefrischt. Anschließend werden der Muskelbauch sowie die Sehne des Flexor hallucis longus im Bereich des Innenknöchels aufgesucht. Hier wird diese möglichst so weit körperfern wie es geht abgesetzt. Damit die Flexor hallucis longus-Sehne gut verankert werden kann, wird sie durch einen aufgebohrten Kanal im Fersenbein gezogen und mit einer auflösbaren Spezial-Schraube fixiert. Um eine Gefäßeinsprossung und somit ein verbessertes Heilungspotenzial zu begünstigen, wird zusätzlich ein Teil des gut durchbluteten Muskelbauchs des Flexor hallucis longus an die rekonstruierte Achillessehne genäht.
Die post-operative Behandlung zeichnet sich durch einen relativ schnellen Belastungsaufbau aus. Nach der Operation wird die rekonstruierte Achillessehne initial in einer Gips-Schiene mit 30°-Spitzfussstellung gehalten, um sie zu entspannen. Diese Schiene wird für 1 Woche getragen. Dann erfolgt die Anlage eines Spezial-Stiefels. Dieser wird bis zur 8. post-operativen Woche getragen. Initial wird der Stiefel mit einer 30°-Spitzfußstellung angelegt, diese wird in einem zweiWochen-Rhythmus jeweils um 15° reduziert. Gleichzeitig erfolgt ein gestufter Belastungsaufbau. Ab der 5. post-operativen Woche erfolgt ein Belastungsaufbau bis zur Vollbelastung. Der Spezial-Stiefel wird bis zur 8. Woche nach der OP zum Schutz der rekonstruierten Sehne getragen. Im Anschluss daran wird der Muskelaufbau unter physiotherapeutischer Anleitung forciert.
Die Beugekraft im Sprunggelenk kann auf diese Weise zu ungefähr 80 Prozent der ursprünglichen Muskelkraft wiederhergestellt werden. Der Verlust der Beugekraft des Grosszehs kann zu einem großen Teil durch den kurzen Grosszehenbeuger kompensiert werden. Nur selten fühlen sich die Patienten jedoch dadurch gestört.
Sportliche Aktivitäten wie Walking, Radfahren und Wandern können problemlos wieder aufgenommen werden.
In der Regel nicht zu empfehlen sind langstreckiges Jogging sowie -Stop-and-Go-Sportarten.
Fazit
Der Flexor hallucis longus-Transfer bei chronischen Verletzungen der Achillessehne hat sich bewährt und bietet sich als ein sicheres OP-Verfahren an.
Gerade in desaströsen Situationen, wie z. B. nach mehrfachen Vor-Operationen biete dieses OP-Verfahren nun eine Möglichkeit die Situation des/der Patienten deutlich zu verbessern. Durch diese Operation kann eine erhebliche Beschwerdelinderung erreicht werden und die Funktionalität des Fußes und der unteren Extremität kann wiederhergestellt werden.
Das zu erwartende Beugekraftdefizit des Sprunggelenks wird im Alltag in der Regel als nicht störend empfunden, insbesondere da im Vergleich zur prä-operativen Situation eine deutliche Besserung eintritt.
Sie erreichen Dr. med. Lars Goebel ab sofort unter folgenden Kontaktdaten:
Ärztlicher Leiter des Zentrums für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie
Dreifaltigkeits-Krankenhaus Köln-Braunsfeld GmbH
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