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juravendis Rechtsanwälte ++ Die 15. AMG-Novelle: Was ändert sich für Apotheken?

Mitte Februar hat die Bundesregierung den Entwurf der 15. AMG-Novelle beschlossen. Auch wenn das Gesetz vor allem der Anpassung des deutschen Arzneimittelrechts an die geänderte europäische Rechtslage bei Kinderarzneimitteln und Arzneimitteln für neuartige Therapien dient – also vor allem die Pharmahersteller betrifft – und die Verabschiedung durch den Bundestag noch aussteht, zeichnen sich auch praktisch wichtige Änderungen für Apotheker ab. Nachfolgend ein Überblick:
1. Ausweitung des Versorgungsauftrags: Belieferungsanspruch innerhalb der Handelsstufen

Dem Pharmagroßhandel wird – wie auch den Pharmaherstellern – mit der 15. AMG-Novelle ausdrücklich ein Sicherstellungsauftrag für die Versorgung mit Arzneimitteln zugewiesen. Das bedeutet: der Pharmagroßhandel und die pharmazeutischen Unternehmen haben „eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung“ von Arzneimitteln sicherzustellen, um den Bedarf der Patienten zu decken. Bislang oblag ein solcher gesetzlicher Versorgungsauftrag nur den Apotheken. Praktisch schlägt sich dieser Sicherstellungsauftrag in einem Belieferungsanspruch zwischen den Handelsstufen nieder: Die Pharmahersteller müssen den vollversorgenden Pharmagroßhandel beliefern und der Pharmagroßhandel wiederum die Apotheken. Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen generellen Belieferungsanspruch, d.h. es besteht kein Kontrahierungszwang in jedem Einzelfall. Vielmehr ist lediglich eine „bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung“ der nachfolgenden Handelsstufe zu gewährleisten. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind also insbesondere auch die Pharmahersteller weiterhin grundsätzlich frei, in welcher Form und gegenüber welchem Vollsortimenter sie ihrer Pflicht zur Belieferung nachkommen. Zu beachten sein soll nur die Gewährleistungspflicht im Hinblick auf den vollversorgenden Arzneimittelgroßhandel als solchem. Im Zweifel, so heißt es im Kabinettsentwurf, müsse der voll versorgende Großhandel, der eine bedarfsgerechte Belieferung geltend macht, seinen Bedarf belegen – wobei eine Belieferung für Exportgeschäfte oder den Zwischenhandel innerhalb der EU z.B. von der Belieferungspflicht generell nicht erfasst sein soll. Ausschließliche Direct-to-Pharmacy-Belieferungsmodelle werden daher in Zukunft unzulässig sein. Umgekehrt kann jedoch wohl nicht jeder einzelne Großhändler von jedem Pharmahersteller die Lieferung jedes Medikaments verlangen. Dazwischen verbleibt reichlich Grauzone. Noch keine Neuregelung trifft die 15. AMG-Novelle über die Großhandelsspannen, eine Neugestaltung soll aber zum 1.1.2010 umgesetzt werden. Dann wird sich auch herausstellen, ob das „Gesamtpaket“ der Ausweitung des Versorgungsauftrags auf Kosten der Großhandelskonditionen der Apotheken geht.

2. Abrechnung von parenteralen Zubereitungen

Einkaufsvorteile bzw. Rabatte von Pharmaherstellern für Arzneimittel, die auf Grund besonderer Fallgestaltungen nicht unter das Rabattverbot des § 78 Absatz 3 AMG fallen, wie insbesondere Rabatte bei parenteralen Zubereitungen aus Zytostatika, sollen durch die 15. AMG-Novelle an die Krankenkassen weitergeleitet werden. Dies betrifft nicht nur Zytostatika, sondern auch Infusionen zur Therapie in weiteren Anwendungsgebieten wie z.B. der Rheumatologie, der Multiplen Sklerose oder der Dermatologie.

3. Verzeichnis zugelassener Versandapotheken in der DIMDI-Datenbank

Um die Transparenz für Verbraucher und Behörden beim Arzneimittelversand zu optimieren und unlautere Formen des Arzneimittelversandhandels zu bekämpfen, werden bestehende Versandhandelserlaubnisse der deutschen Versandapotheken in die DIMDI-Datenbank aufgenommen. Behörden und Verbraucher sollen damit noch leichter als bislang erkennen können, ob eine Versandapotheke eine gültige Erlaubnis für den Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel besitzt. Daneben bestehen auch weiterhin freiwillige Informationsmaßnahmen der Branche wie etwa das Gütesiegel „Sichere Versandapotheke“ des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA).

4. „Last-Minute“-Beschränkung des Arzneimittelversands und Verbot von Pick-up-Stellen?

Die 15. AMG-Novelle beabsichtigt bislang nicht, den Status Quo beim Arzneimittelversand zu ändern. Weder Forderungen nach einem Zurechtstutzen des Arzneimittelversands auf OTC-Arzneimittel, also das Verbot des Versands von RX, als auch Rufe nach einem Verbot oder zumindest Beschränkungen apothekenfremder Pick-up-Stellen in Drogerien etc., die das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seinem „dm-Urteil“ auf Basis der geltenden Rechtslage absegnete, wurden bislang erhört. Beide Punkte sind jedoch noch politisch in Bewegung, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Verbot oder Beschränkungen von Pick-up-Stellen oder gar ein Versandverbot von RX doch noch in die finale Fassung der 15. AMG-Novelle „rutschen“ wird.

5. Weitere „offene Baustellen“ im Apothekenrecht

Über die Debatte um Arzneimittelversand und Pick-up-Stellen hinaus lässt der Gesetzgeber einige Baustellen des Apothekenrechts mit der 15. AMG-Novelle unbearbeitet. Dies betrifft eher kleinere Nachbesserungen, wie etwa die Klarstellung, dass die Arzneimittelpreisverordnung – und damit das Rabattverbot für RX – auch für Versandapotheken aus dem EU-Ausland gilt. Hier setzt der Gesetzgeber offenbar auf eine Klärung der Frage durch ein derzeit beim Bundesgerichtshof anhängiges Revisionsverfahren, anstatt mit einem Federstrich selbst für Klarheit zu sorgen. Dies betrifft aber auch größere Umbaumaßnahmen wie etwa die Frage, ob das Rabattverbot für RX nicht ohnehin über Bord geworfen und die Arzneimittelpreisverordnung insoweit von Festpreisen auf Höchstpreise umgestellt werden sollte. Man wird wohl nicht gänzlich falsch mit der Vermutung liegen, dass die bevorstehende Bundestagswahl und die ausstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Fremdbesitzverbot den Gesetzgeber nicht unbedingt zu größeren Reformen ermuntern. Aufgeschoben ist aber bekanntlich nicht aufgehoben. Die 16. AMG-Novelle dürfte daher nicht lange auf sich warten lassen.
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