fit und munter - „Meine Patienten waren entsetzt, als ich sie über die geplante Schließung informierte…“

fit und munter

„Meine Patienten waren entsetzt, als ich sie über die geplante Schließung informierte…“

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr besucht Landapotheke in Aurich

Hannover, 18. Dezember 2012 – Die Friesen-Apotheke-Middels liegt in idyllischer Umgebung zehn Kilometer außerhalb des Auricher Stadtzentrums. Direkt gegenüber der Apotheke grasen Kühe. Sonst ist hier nicht viel los. Das weiß auch die Landapothekerin Ulrike Jannemann. Im Januar 2002 hat sie die Apotheke übernommen. „Wohlwissend, dass viel Einsatz erforderlich sein würde, um hier wirtschaftlich erfolgreich zu sein“, sagt sie. Seit über zehn Jahren engagiert sie sich in ihrer Apotheke für ihre Patienten und steht ihnen tagtäglich zur Seite – die 60-Stunden-Woche ist der Normalfall, Urlaub ein unbezahlbarer Luxus. „Immer wieder heißt es, „gut situierte Apotheker“ – damit kann man nicht uns Landapotheker meinen! Wir kämpfen hier ums Überleben“, so Ulrike Jannemann. Per E-Mail hat sie den Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr zu sich in die Apotheke eingeladen, um ihm zu zeigen, dass die Landapotheken dringend unterstützt werden müssen. Bei seinem Besuch nahm er sich eine gute Stunde Zeit für die Sorgen und Nöte einer typischen Landapothekerin.


Ulrike Jannemann nimmt den Bundesgesundheitsminister auf eine kleine Zeitreise durch die Höhen und Tiefen einer Landapotheke mit. In den ersten Jahren nach der Übernahme der Apotheke konnte sie noch Erfolge verbuchen. Steigernder Umsatz und steigender Gewinn ließen Luft für Investitionen. Seit 2007 ging es dann stetig bergab. Der in jenem Jahr drastisch erhöhte Zwangsabschlag an die Krankenkassen begann ihre Reserven aufzufressen. 2008 musste Frau Jannemann das Personal stark reduzieren. Ein Jahr lang führte sie die Apotheke nur mit einer Teilzeitkraft und der zeitweisen Unterstützung ihres Mannes, eines Pharmazeutisch-technischen Assistenten. Die Apothekenbetriebsordnung sieht vor, dass in einer Apotheke immer ein approbierter Apotheker anwesend sein muss. Für Ulrike Jannemann hieß das in dieser Zeit: Eine krankheitsbedingte Auszeit? Unmöglich! Um die Familie ernähren zu können, beendete der Ehemann seine Tätigkeit in der Apotheke und wechselte in eine andere Branche.

Im letzten Jahr plante die Apothekerin dann einen Ortswechsel, da es in Middels nur einen Arzt gibt und ihre Apotheke deshalb nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war. Apothekeninhaber sind auf Ärzte in ihrer Nähe angewiesen, denn rezeptpflichtige Arzneimittel machen im Durchschnitt über 80 Prozent des Umsatzes einer Landapotheke aus. In Schirum hingegen ist die ärztliche Infrastruktur wesentlich besser, die Aussichten für eine stabile Perspektive für eine Apotheke sind gut. Doch es kam alles anders. „Meine Patienten waren entsetzt, als ich sie über die geplante Schließung informierte und sie baten mich, doch eine Lösung zu finden, die ein Weiterbestehen ermöglicht. Wie sollen alte Menschen ohne Auto und ohne nennenswerten öffentlichen Nahverkehr zu der nächsten Apotheke kommen?“ erzählt Ulrike Jannemann. So hat sie nun zwei Apotheken. Die alte Apotheke in Middels wirft zwar kaum etwas ab, aber es ist Frau Jannemann eine Herzensangelegenheit, die 60 Jahre alte Apotheke nicht aufzugeben und die Patienten auch weiterhin zu betreuen.

Ulrike Jannemann will nicht nur klagen, die Arbeit an sich macht ihr schließlich Spaß, sie ist Apothekerin mit Leib und Seele. Sie fordert vom Bundesgesundheitsminister daher seine Unterstützung und appelliert an ihn im Sinne der Patienten und Apotheker auf dem Lande: „Wir fordern ein Honorar, das unserer Qualifikation entspricht. Es ist frustrierend, wenn man 60 Stunden in der Woche arbeitet und damit so eben über die Runden kommt. Gerade Landapotheken müssten unterstützt werden. Hier kommt keine Laufkundschaft vorbei, aber die Patienten benötigen die persönliche Ansprache und Hilfe vor Ort. In einem 2000-Seelen-Dorf darf eine Apotheke einfach nicht fehlen.“ Für den Nacht- und Notdienst soll es künftig für Apotheken eine finanzielle Unterstützung geben. Diese Veränderung begrüßt die Apothekerin sehr. Allein in diesem Jahr hatte sie 45 Notdienste. Auf dem Land kommt selten jemand vorbei und bisher wurden diese Dienste, obwohl gesetzlich vorgeschrieben, nicht entlohnt. Jeder der Nacht- und Notdienste war defizitär. Die Dienste übernimmt sie immer selbst, damit nicht noch zusätzliche Personalkosten anfallen.

Der Bundesgesundheitsminister macht der Apothekerin am Ende des Treffens Mut: „Gerade auf dem Land gibt es keinen Ersatz für den Apotheker vor Ort. Das weiß ich und deshalb setze mich für eine Verbesserung ein.“

Diese Pressemitteilung finden Sie auch unter www.apothekerkammer-nds.de.

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