fit und munter - Zehntausende von Kindern Computerspielsüchtig?

fit und munter

Zehntausende von Kindern Computerspielsüchtig?

Jungen in der neunten Klasse in Deutschland spielen laut der aktuellen Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen KFN, die in dieser Woche veröffentlicht wurde, im Durchschnitt 130 Minuten täglich am Computer. Worin liegt der Schrecken dieser Nachricht, die es sogar bis in die Tagesthemen geschafft hat?
Jungen in der neunten Klasse in Deutschland spielen laut der aktuellen Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen KFN, die in dieser Woche veröffentlicht wurde, im Durchschnitt 130 Minuten täglich am Computer. Worin liegt der Schrecken dieser Nachricht, die es sogar bis in die Tagesthemen geschafft hat? Formuliert man die Meldung nur ein wenig um, erscheint sie in einem etwas anderen Licht: Fünfzehnjährige spielen durchschnittlich zwei Stunden täglich. Eine plötzlich völlig normale Aussage, nimmt man ihr den Schulkontext und vor allem, den Computer. Dann haben wir das, was Kindern tun sollten: sie spielen. Circa ein Drittel von der Zeit, die sie unter Leistungsdruck und Lernstress in der Schule stehen, verbringen sie in ihrer Freizeit mit einer Tätigkeit, die ohne bewussten Zweck zum Vergnügen, zur Entspannung, aus Freude an ihrer Ausübung ausgeführt wird. Die Gesellschaft verändert sich und natürlich wandelt sich auch das Spiel im Verlauf der Jahre. Der Leser erschrickt über das ihm fremde Medium des Computerspiels. Während der Fernsehkonsum seit 2007 laut einer Studie der media control gmbH (http://www.media-control.de/pressemitteilungen/ich-glotz-weniger-tv.html) erstmalig in den letzten 12 Jahren rückläufig ist, erobert das Medium des Computerspiels die knappe Freizeit unserer Kinder. Wir befinden uns damit plötzlich inmitten eines Kulturkampfes, wie es der Spiegel betitelte (http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,390208,00.html). "Wir sind zum ersten Mal in einer Situation, in der die jüngere Generation eine Kulturtechnik besser beherrscht als die ältere", sagt die Psychologin Simone Trautsch im Spiegel. Das macht den Erwachsenen Angst, weil man fürchtet, was man nicht kennt. Hier wird es Zeit, die digitale Kluft abzubauen und Vorurteile aus der Welt zu räumen. Natürlich ist die digitale Welt sehr reizvoll für Kinder und Jugendliche und das althergebrachte Spielen hat es äußerst schwer, gegen die neuen Medien zu bestehen. Die Spielinhalte sind jedoch im Computerspiel gegenüber dem traditionellen Spiel oft gar nicht so verschieden: Problemlösen, Räuber-und-Gendarm, Rollenspiele, usw. – diese Muster gab es tatsächlich schon immer.
Die Zahlen der niedersächsischen Studie über den Anteil an Kindern und Jugendlichen, die suchtähnliche Verhaltensweisen an den Tag legen, alarmieren uns zurecht auch bei LogOut. Zum ersten Mal bestätigt eine Studie die Zahlen, die wir in der täglichen Arbeit mit diesem Problemfeld bereits vermuteten. Onlinerollenspiele haben in der Tat Potential, problematisches Spielverhalten bei Jugendlichen zu verstärken. Die Ursachen liegen unser Auffassung nach, ähnlich wie bei anderen nicht stoffgebundenen Suchtmitteln, nicht am Medium selbst, sondern in bereits vorhandenen psychischen Gefährdungen, gesellschaftlicher Isolation und ähnlichen Risikofaktoren. Oft spielt auch die Unerfahrenheit der Eltern, Pädagogen und Lehrer im Umgang mit dem Medium eine Rolle, sowie die mangelnde Vermittlung von Nutzungskompetenz an Kinder und Jugendliche.
Verbote von Onlinerollenspielen oder eine Indizierung erscheinen uns wenig sinnvoll und als politischer Schnellschuss, da sie die oben genannten gesellschaftlichen Auslöser des problematischen Verhaltens nicht aus der Welt schaffen. Wir unterstützen aber die Forderungen des KFN (http://kfn.de/versions/kfn/assets/wowthesen.pdf) nach einer interdisziplinären Forschung über das Thema der Computerspielsucht. Weiterhin ist auch LogOut der Auffassung, dass die Finanzierung von Therapien für Kinder und Jugendliche mit problematischem Spielverhalten durch die Krankenkassen gesichert wird.
Wir sehen in diesem Bereich auch einen Bedarf an einer universellen Präventionsarbeit sowohl an der Sekundarstufe I wie auch in der Grundschule – was neben Projektarbeit mit den Schülern auch Elternabende und Lehrerfortbildungen mit einschließt.
Neben den rein informellen Veranstaltungen müssen auch koordinierte Aktionen im Sinne der Gesundheitsförderung initiiert werden, durch die Kinder und Jugendliche personale, soziale, fachliche und methodische Kompetenzen erwerben. Wie der Medizinsoziloge Aaron Antonovsky festellte, helfen diese Ressourcen, sich den Anforderungen und Stimuli stellen zu können. (siehe: "Was hält Menschen Gesund?", 2001, BZgA)


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