THYRNAU-KELLBERG - Es ist der "Super-Gau" für den Mann: Prostatakrebs. Wie wird man damit fertig? Der Buchautor Reiner Lutra (Bonn) liest am Dienstag, 5. März 2013, um 16.00 Uhr in der Klinik Prof. Schedel im niederbayerischen Kellberg (Lkr. Passau) aus seinem autobiografischen Roman "Liebe, Sex und Prostatakrebs". Er berichtet über seine Erfahrungen - von der Diagnose bis zur Sexualität - und steht dem Publikum für Fragen zur Verfügung. Interessenten sind herzlich zur kostenlosen Autorenlesung eingeladen (www.klinik-prof-schedel.de).
Rund 60.000 neue Fälle von Prostatakrebs werden jährlich registriert: Es entstehen bösartige Zellen im Gewebe der Prostata, einer Drüse unterhalb der Blase des Mannes. Sie hat in etwa die Größe einer Walnuss, umgibt die Harnröhre und reicht fast bis zum Beckenboden. Die Diagnose Prostatakrebs wird über den PSA-Blutwert um etwa zehn Lebensjahre früher gestellt als noch vor einem Jahrzehnt. "Inzwischen sind es die jüngeren Männer, manche im Alter von 40 bis 50 Jahren. Prostatakrebs ist nicht mehr nur die Krankheit alter Männer", sagt Dr. med. Markus Higi, Chefarzt der Klinik Prof. Schedel.
Prostata-Krebspatienten werden wegen der verbesserten Diagnosemethoden immer jünger. So erging es auch Rainer Lutra. Er erkrankte im Alter von 53 Jahren an Prostatakrebs. Nach einer radikalen Prostataentfernung litt er trotz nerverhaltender Operation an erektiler Dysfunktion. Seine persönliche Erfahrung, nach einer Prostatakrebserkrankung eine befriedigende Sexualität zu erleben, beschreibt er in einer lebendigen Sprache für betroffene Männer und deren Angehörige.
Paarerkrankung statt Männerkrankheit
Rainer Lutra schreibt über die schmerzliche Realität, wenn die Sexualität als natürlicher und wertvoller Bestandteil des Lebens fehlt. Die Bedeutung einer "gelebten" Sexualität sei ihm erst durch die Erkrankung an Prostatakrebs und der Folgeerscheinung "Erektile Dysfunktion" bewusst geworden. Vor seiner Erkrankung sei die "gelebte" Sexualität selbstverständlich gewesen. Es habe ihn irritiert, so Lutra, dass meistens von den Folgen einer Prostatakrebserkrankung für den Mann gesprochen worden sei und nicht in gleichem Maße für die Partnerin: "Wir litten unter einer Paarerkrankung", stellte er fest. Auch eine Partnerin habe einen natürlichen Anspruch auf gelebte Sexualität.
Lutra schildert den Weg, die gemeinsame Sexualität wiederherzustellen. Zwar gebe es zahlreiche wertvolle medizinische Ratgeber und persönliche Erfahrungsberichte zur Prostatakrebserkrankung, aber keinen Ratgeber aus der Erfahrung eines Betroffenen zur Überwindung der erektilen Dysfunktion, so seine Motivation für das Buch. "Genau diese Hilfestellung will ich mit meinem Buch dem Mann bzw. dem betroffenen Paar geben."
Große Herausforderung: Kontinenz und Potenz
Bei einer frühen Diagnose hat der Patient laut Chefarzt Dr. med. Markus Higi die Chance auf eine nervenschonende und -erhaltende Tumorentfernung. "Es geht darum, Inkontinenz und Impotenz zu vermeiden und die Lebensqualität zu erhalten." Eine stationäre Anschlussheilbehandlung (AHB) wird von Urologen sehr empfohlen. "Damit lassen sich körperliche und persönliche Einschränkungen schneller überwinden", erklärt Higi. 75 Prozent der Patienten wünschen sich nach den Erfahrungen des Rehabilitationsmediziners, den bisherigen Lebensstil nach der Therapie aufrechterhalten zu können. Die medizinische Nachsorge dient laut Higi dazu, den Gesundheitszustand aufzuwerten, typische Krankheits- oder Therapiefolgen zu behandeln. Die größte Herausforderung in der dreiwöchigen Rehabilitation: "Kontinenz, Kontinenz und nochmal Kontinenz." Wichtig sind laut Chefarzt Higi ein früher Start der Maßnahmen und professionelle Anleitungen. Es gebe komplexe Lernmodule zur Selbsthilfe.
Das Genesungskonzept in der Kellberger Klinik sei deshalb darauf ausgelegt, die jährlich rund 3.000 Reha-Patienten, davon viele nach urologischen Operationen, in zwei bis drei Wochen körperlich und seelisch zu stabilisieren und ihre Lebensqualität möglichst schnell wiederherzustellen. "Wir begleiten den Patienten in einer schwierigen Phase. Einerseits ist da der Diagnoseschock und andererseits hat der Patient typische Handicaps durch die erforderliche Therapie. Wir verstehen uns daher als ein wichtiges Glied einer Behandlungskette", sagt Higi.