Der Kern des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes
(AMNOG) ist die Verhandlung von Rabatten auf den Listenpreis eines
innovativen Arzneimittels zwischen dessen Hersteller und dem
GKV-Spitzenverband. Der Gesetzgeber hat bewusst keine Festlegung
getroffen, wie der Nutzen von Arzneimitteln in Euro zu bewerten ist.
Diese Entscheidung wird aus gutem Grund einer Verhandlungslösung
vorbehalten. Sollten sich die Verhandlungspartner nicht einigen,
übernimmt eine dafür eingerichtete Schiedsstelle diese Funktion. "Mit
dem gestern vorgelegten Spruch der Schiedsstelle zu einem innovativen
Arzneimittel für Multiple Sklerose Patienten ist sie der falschen
Logik des GKV-Spitzenverbandes gefolgt und hat so einen Schlag gegen
den Kern des AMNOG geführt: In seinem Antrag an die Schiedsstelle
ermittelt der GKV-Spitzenverband den Preis des Arzneimittels mit
einer selbstgemachten Methode durch Zuschläge auf den Preis der
Vergleichstherapie. Mit anderen Worten: Die Verhandlungslösung wird
über den Umweg der Schiedsstelle faktisch durch einen mathematischen
Algorithmus aus der Feder des GKV-Spitzenverbandes ersetzt",
kommentiert Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des
Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) diesen Vorgang.
Das Ergebnis der Berechnung verwundert daher nicht: Ein Rabatt von
mehr als 60 Prozent auf den Listenpreis des Herstellers. "Diese
Vorgehensweise vernichtet die wirtschaftliche Grundlage zur
Entwicklung solcher - die Krankheitslast der Patienten -
verbessernder Arzneimittel. Ein Zuschlag auf eine generische
Vergleichstherapie wird nie der Forschungsleistung und den
Forschungskosten für ein innovatives Arzneimittel gerecht. Es ist
verwunderlich, dass der Schiedsspruch ein Niveau einzieht, das
deutlich unter den europäischen Referenzpreisen liegt. Unverständlich
ist auch, dass die Schiedsstelle die einzige im Markt befindliche
andere Zusatztherapie, nämlich die Intrathekale Baclofen-Therapie,
nicht berücksichtigt. Nach Gesetz soll der Erstattungsbetrag gebildet
werden auf Grundlage des festgestellten Zusatznutzens, anhand der
europäischen Durchschnittspreise und vergleichbarer Arzneimittel.
Einem Algorithmus des GKV-Spitzenverbandes zu folgen wird diesem
Auftrag nicht gerecht", so Henning Fahrenkamp.
Sativex® ist zugelassen zur Symptomverbesserung bei Patienten mit
mittelschwerer bis schwerer Spastik aufgrund von Multipler Sklerose
(MS), die nicht angemessen auf eine andere antispastische
Arzneimitteltherapie angesprochen haben. Sativex wird nur bei den
Patienten eingesetzt, die auf die konventionelle Therapie nicht
reagieren. Dieses Patientenkollektiv leidet sehr stark an einer
chronisch-progredienten Erkrankung. Momentan werden etwa 3.000
Patienten in Deutschland mit dem Oromukosalspray behandelt. Der
Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) stellte im Rahmen der frühen
Nutzenbewertung einen geringen Zusatznutzen fest.
Bisher gibt es eine invasive Therapie, die nur bei sehr wenigen
Patienten eingesetzt werden kann. Nach Gesetzeslage müssten deren
Kosten bei der Festlegung des Erstattungsbetrages berücksichtigt
werden. Aus der Tatsache, dass das vergleichbare Arzneimittel aber
nur bei einem Prozent der Patienten eingesetzt werden kann, schließt
die Schiedsstelle, dass es nicht Grundlage einer Vergütungsfestlegung
sein kann. "Dies ist nicht akzeptabel. Das neue Arzneimittel kann bei
mehr Patienten eingesetzt werden, hat einen Zusatznutzen nachgewiesen
und wird nun mit einer Vergütung belegt, die es nach Auskunft des
Unternehmens kaum noch möglich macht, das Arzneimittel zu produzieren
und die Kosten für Lizenz, regulatorische Auflagen, aufwendigen
Kühltransport, Arzneimittelüberwachung, Sicherheit, Administration
und medizinische Patienteninformation zu decken - von den
Entwicklungskosten gar nicht zu reden. Wer so Vergütungen festsetzt,
entzieht Innovationen die wirtschaftliche Grundlage und wird den
deutschen Patientinnen und Patienten sagen müssen, dass sie zukünftig
auf immer mehr Innovationen verzichten müssen", so Fahrenkamp.
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