München, 21.03.2013 - Die Kosten-Nutzen-Evaluierung von Arzneimitteln ist zurzeit ein viel diskutiertes Thema. Trotz der stetigen Veränderung und wachsenden Komplexität in dieser Branche sind Investitionen im Health&Care(H&C)-Markt noch immer äußerst attraktiv. Welche Faktoren den Erfolg von H&C-Investments beeinflussen und wie der Markt auf den Trend von Evidence-based Medicine reagiert, erläutert Dr. Karl Nägler, Experte der H&C-Investment-Plattform von Gimv:
"Wir beobachten seit einiger Zeit den Vormarsch nachweisorientierter Medizin (Evidence-based Medicine, EBM) im Gesundheitswesen. Hinter diesem Schlagwort verbirgt sich die Forderung, Entscheidungen bei der Behandlung von Patienten auf Basis empirisch nachgewiesener Wirksamkeit zu treffen - um letztlich das für den Patienten beste Ergebnis und die für alle Beteiligten kostengünstigste Lösung zu erzielen.
Nachweisorientierte Medizin verlangt wissenschaftliche Analysen:
Bei der EBM steht die beste Behandlung des Patienten durch den Arzt im Vordergrund. Medikamente, gesundheitsrelevante Verfahren und Technologien werden dafür wissenschaftlich bewertet, meist anhand systematischer Übersichtsartikel, Meta-Analysen und hochwertiger (klinischer) Studien. Die gleichen Methoden können auch Entscheidungsprozesse im Gesundheitswesen unterstützen, z.B. auf Grund einer Kosten-Nutzen-Bewertung. Man spricht dann von Health Technology Assessments (HTA). Adressat der HTA sind zumeist Politik und Kostenträger. Derzeit werden vor allem Medikamente und Behandlungsformen einem HTA unterzogen. Dabei wird z.B. geprüft, ob der Preis für ein Arzneimittel seinem Nutzen entspricht oder nicht. Diese Verfahren sind in Deutschland seit dem Inkrafttreten des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) vom 1. Januar 2011 verpflichtend.
Bewertung is King:
In Deutschland erzielen Arzneien noch Höchstpreise, und somit gilt Deutschland als Referenzmarkt für andere Länder. Hauptkostentreiber für die gesetzlichen Krankenkassen sind neue, patentgeschützte Arzneimittel.
Seit dem AMNOG bewerten nun das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) jedes (neue) Präparat und prüft, ob es einen wirklichen therapeutischen Fortschritt für Patienten bringt. Präparate ohne Zusatznutzen dürfen künftig nur noch so teuer sein wie vergleichbare Präparate, die sich bereits auf dem Markt befinden. Man kann das als Investitionshemmnis sehen: denn fällt eine Bewertung des IQWiGs negativ aus, werden die Kosten für ein Mittel oft nicht mehr von den gesetzlichen Kassen übernommen. Diese Realität der nachweisorientierten Medizin fordert das Umdenken aller Beteiligten.
HTA nicht nur für Medikamente:
Wir von Gimv sehen eindeutig, dass in Zukunft die HTA Evaluierungen nicht nur für Medikamente erhoben werden, sondern breit für Gesundheitsprodukte,-technologien und -maßnahmen. Hierunter fallen nicht nur Verfahren, um die Gesundheit zu fördern, Krankheiten zu behandeln und zu verhindern, sondern auch Methoden, die Reha und Langzeitpflege verbessern. So geht es letztlich um das für den Patienten beste Ergebnis und die für alle Beteiligten kostengünstigste Lösung. Diese Prämisse wirkt sich unweigerlich auf alle Aspekte im H&C-Markt aus: Medikamente, Hilfsmittel, Krankenhäuser, Ärzte, Prozesse, Dienstleistungen, Genehmigungen. Nur Unternehmen, die sich in diesem neuen, komplexeren und kostenorientierten Umfeld sehr gut positionieren können, werden aus unserer Sicht langfristig erfolgreich und somit auch lukrativ für Investments im H&C-Markt sein.
Rolle der Health&Care-Investoren:
Im Zuge dieser neuen Realität ist es für Investoren im Bereich Health&Care zunehmend eine Herausforderung, neue Technologien und Geschäftsmodelle richtig zu bewerten. Daher lohnt es sich, diesen Trend zu verstehen und daran aktiv mitzuwirken.
Investoren müssen die Methoden der HTA Institutionen wie die des IQWIQ genau analysieren, damit sie ein besseres Bild erhalten, wie bestimmte Bewertungen und Kosten-Nutzenrechnungen erhoben werden. Auch sind Kooperationen mit Versicherungsunternehmen erfolgversprechend. Erst kürzlich hat der niederländische Krankenversicherungsträger Achmea eine Zusammenarbeit mit der Investment-Firma LSP bekanntgegeben, um zukunftsweisende H&C-Unternehmen zu unterstützen, ihre Produkte auf den Markt zu bringen. Dabei bietet der Versicherungsträger neben Investitionen in den LSP-Fonds auch sein Know-how und Expertise an, um Unternehmen zu bewerten und ihnen den Weg in den Gesundheitsmarkt zu ebnen.
Wir haben bei Gimv die Investment-Plattform "Health & Care" geschaffen, um mit Hilfe unseres Branchen-Know-hows unter anderem auch solche Unternehmen zu identifizieren und zu unterstützen, welche diese neue Realität im Gesundheitswesen nicht nur erkennen, sondern auch für sich nutzen. Besonders im Blick haben wir dabei Unternehmen, welche die Gesundheitsversorgung mit verringerten oder gleichen Kosten verbessern können."