Überlegungen des Bundesgesundheitsministeriums werden als unzureichend abgelehnt
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland hat einen eigenen Vorschlag zur strafrechtlichen Sanktionierung von niedergelassenen Vertragsärzten und Leistungserbringern vorgelegt. Die am Mittwoch bekannt gewordenen Überlegungen des Bundesgesundheitsministeriums werden als unzureichend abgelehnt.
Transparency schlägt vor, die Vertragsärzte, die nicht-öffentlich angestellten Ärzte und die Leistungserbringer im Gesundheitswesen nach dem Verpflichtungsgesetz zu verpflichten und sie damit Amtsträgern gleichzustellen. Dies erlaubt eine einheitliche Ahndung nach den Korruptionsstraftatbeständen des Strafgesetzbuches. Die aktuelle Debatte geht auf die mit Urteil vom 29. März 2012 vom Bundesgerichtshof fest gestellte, fehlende Strafbarkeit von Korruption bei niedergelassenen Ärzten zurück.
Reiner Hüper, Leiter der Arbeitsgruppe Strafverfolgung von Transparency Deutschland: "Der Entwurf einer Formulierungshilfe aus dem Bundesgesundheitsministeriums ist bestenfalls halbherzig. Wesentliche zu regelnden Sachverhalte werden nicht erfasst. Mit unserem Vorschlag kann hingegen die bestehende Gesetzeslücke angemessen geschlossen werden".
Transparency Deutschland kritisiert am Entwurf der Formulierungshilfe im Einzelnen: Erstens gibt es weiterhin eine Ungleichbehandlung von Vertragsärzten und Ärzten in öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern. Die einen würden Delikten im Sozialgesetzbuch unterworfen, die anderen Delikten im Strafgesetzbuch. Zweitens ist die Beschränkung auf die Annahme eines "wirtschaftlichen Vorteils großen Ausmaßes" höchst bedenklich, zumal unklar bleibt, wer diese "Größe" definiert. Drittens entfaltet sich kaum eine präventive Wirkung, wenn das Korruptionsdelikt nur auf Antrag verfolgt werden kann. Ärztekorruption ist als Offizialdelikt zu regeln.
Angela Spelsberg, Vorstandsmitglied: "Der besonderen Verantwortung, die Vertragsärzte gegenüber ihren Patienten, aber auch gegenüber der Allgemeinheit als Sachwalter einer öffentlichen Aufgabe haben, wird im Vorschlag von Transparency Rechnung getragen. Wir wollen keine Diskriminierung, sondern eine Stärkung der Ärzte in ihrer zentralen Rolle im Gesundheitswesen bewirken. So wie Amtsträger nicht bestechlich sein dürfen, damit das Allgemeinwohl vor dem Missbrauch anvertrauter Macht geschützt wird, bedürfen auch die Ärzte einer klaren Regelung zum Schutz ihrer Unabhängigkeit."
Zum Vorschlag von Transparency im Einzelnen:
Vertragsärzte sind Treuhänder öffentlicher Gelder der Kassen bzw. der Solidargemeinschaft. Sie sollten deshalb den Amtsträgern gesetzlich gleichgestellt werden. Damit würden die Vertragsärzte ebenfalls den Korruptionstatbeständen nach §§ 331ff. StGB unterworfen.
Dies soll dadurch erreicht werden, dass nach § 95 SGB V Vertragsärzte nach dem Verpflichtungsgesetz verpflichtet werden.
Durch diese Gleichstellung der Vertragsärzte als Treuhänder öffentlicher Gelder mit Ärzten, die in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen, wird die vom BGH monierte Gesetzeslücke geschlossen.
Eine derartige Regelung eröffnet zugleich Sanktionsmöglichkeiten gegen Korruptionspartner ("Geber") nach §§ 333, 334 StGB z.B. aus der Pharmaindustrie sowie Maßnahmen nach dem Straf- und Ordnungswidrigkeitengesetz wie Gewinnabschöpfung und dem sogenannten Verfall.
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