"Die Umstände, unter denen Kassenärzte heute ihre
Arbeit tun, sind für Patienten und Ärzte unzumutbar" - darin bestand
Einigkeit auf dem hochkarätig besetzten Podium beim Kongress Freier
Ärzte am Samstag in Berlin, organisiert von der Freien Ärzteschaft
(FÄ).
In der Frage der nötigen Handlungsoptionen gingen allerdings die
Ansichten bei diesem Treffen zwischen "Ärztebasis" und
Körperschaftsspitzen dann zum Teil erheblich auseinander. Teilnehmer
der Diskussionsrunde waren Dr. Günther Jonitz, Ärztekammer Berlin,
Dr. Andreas Köhler, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Dr. Timm
Genett, PKV-Verband, Prof. Giovanni Maio, Arzt und Medizinethiker,
sowie Dr. Silke Lüder und Wieland Dietrich von der Freien
Ärzteschaft.
Professor Giovanni Maio aus Freiburg verurteilte die zunehmende
Fremdbestimmung des Arztes. Monetäre Steuerung sei ein
Hauptinstrument, um ein ökonomisch gewünschtes Arztverhalten zu
erreichen. Dr. Axel Brunngraber, FÄ, hatte im Einleitungsreferat die
Situation der freiberuflichen Arztpraxen unter dem Druck von Kassen
und Gesundheitsbürokratie eindringlich dargestellt, und auf die
Pflicht des Arztes hingewiesen, unabhängiger Sachwalter des Patienten
zu bleiben. Dr. Schneider, Gesundheitsökonom und Geschäftsführer des
BASYS-Instituts aus Augsburg, wies anhand von Beispielen aus vielen
europäischen Länder nach, dass ein transparentes System der
Kostenerstattung mit sozialer Absicherung keineswegs zur
Kostenexplosionen führe oder unsozial sei.
Selbst KBV-Chef Dr. Köhler räumte in der lebhaften Debatte ein,
dass es nicht zielführend sei, immer neue Leistungen in das völlig
unterfinanzierte System der ambulanten ärztlichen Versorgung
einzuführen. In Anbetracht der Unterfinanzierung sei zu definieren,
was noch "im System" erbracht werden könne, und was darüber hinaus
von den Krankenkassen zusätzlich zu finanzieren sei.
"Wenn ich einen privat versicherten Patienten behandle, so kann
ich ihn so versorgen, wie es in seinem Interesse medizinisch
geboten ist - frei von ständigen Einmischungen seiner Versicherung.
Wenn ich heute einen gesetzlich Versicherten behandle, habe ich
ständig die Frage im Kopf: Werde ich anschließend per Regress für die
richtige Behandlung dieses Menschen von der Krankenkasse mit
Strafzahlungen bedroht?", fragte Dr. Silke Lüder (FÄ) anlässlich
aktueller Regressfälle. Lüder lehnte auch den von der KBV geplanten
kassenärztlichen "EBM 2013" ab, weil er keines der Probleme in den
Praxen wirklich löse. Stattdessen fordere die Freie Ärzteschaft ein
komplett anderes Vergütungssystem auf der Grundlage der
Kostenerstattung mit sozialer Abfederung.
Vom Kongress Freier Ärzte ging die Forderung nach
Wiederherstellung von ärztlicher Unabhängigkeit, Freiberuflichkeit
und angemessener Finanzierung ärztlicher Tätigkeit aus. Und es wurde
von allen Teilnehmern eindringlich vor einer weiteren Absenkung des
Medizinniveaus durch eine Bürgerzwangsversicherung, neuerdings auch
tituliert als "integriertes Versicherungssystem", nach der nächsten
Bundestagswahl gewarnt. Diese würde im Endergebnis real mehr
"Zweiklassenmedizin" schaffen als das heutige System.
Pressekontakt:
Dr. Silke Lüder
0175-1542744,
Wieland Dietrich
0173-5370708
Freie Ärzteschaft e.V.,
Gervinusstraße 10,
45144 Essen,
mail@freie-aerzteschaft.de