Nach dem Robert-Koch-Institut haben bis zu 85 Prozent der Deutschen mindestens einmal im Leben Schmerzen im Kreuz. Die Krankenkassen geben an, dass Bandscheibenvorfälle, Hexenschuss und Schmerzattacken im Rücken die häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit sind. „Die Ursachen sind bei fast allen Betroffenen gleich: zu wenig Bewegung, untrainierte Muskeln, Stress und andere psychische Belastungen“, sagt Prof. Ingo Froböse (Zentrum für Gesundheit der Deutschen Sporthochschule Köln).
Bürostuhl, Sofa und Übergewicht machen den Rücken zur Problemzone Nummer eins. Wird der Bewegungs- und Halteapparat unterfordert, verkümmern wesentliche Teile. Allerdings schätzt Professor Hartmut Göbel (Schmerzklinik Kiel), dass sich nur bei 10 bis 20 Prozent der Rückenschmerzpatienten eine strukturelle körperliche Ursache feststellen lässt. Rückenschmerzen sind ein deutliches Warnsignal des Körpers. Die Ursachen können auch Stress und Kummer sein. Verspannungen bringen das Zusammenspiel von Muskeln und Wirbelsäule aus dem Gleichgewicht. Daher rät Göbel dazu, alle Faktoren zu berücksichtigen, die zu Rückenschmerzen führen können. Häufig spielen nämlich Depressionen, Belastungen am Arbeitsplatz und Beziehungsprobleme eine Rolle.
Der Münchner Rückenspezialist Martin Marianowicz hat 12.000 Patienten mit Bandscheibenschäden behandelt. Dabei hat er festgestellt, dass 80 Prozent der durchgeführten Operationen überflüssig sind. Gemäß Marianowicz sind die wichtigsten Faktoren zur Behandlung Zeit und Natur. „Wir raten Patienten deshalb grundsätzlich zum Einholen einer zweiten Meinung von einem Spezialisten, um unnötige Operationen zu vermeiden“ , denn 90 Prozent aller Bandscheibenvorfälle heilten folgenlos ab.
Da es sich bei Rückenscherzen offensichtlich um ein Problem handelt, bei dem der moderne Lebensstil eine wesentliche Rolle spielt, muss man auf die Lebensführung achten. Grundsätzlich gilt: Wer das Arbeitsleben auf dem Bürostuhl und seine Freizeit vor dem Fernseher verbringt, keinen Sport treibt und überzählige Kilos auf den Hüften hat, mutet dem eigenen Körper viel zu. Es empfiehlt sich, jede Gelegenheit zur Bewegung zu nutzen. Statt mit dem Auto lieber mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs zu sein oder Treppen zu steigen anstelle den Aufzug zu benutzen. Durch solche oder ähnliche Umstellungen lassen sich viele Schmerzattacken verhindern.
Hielt man früher noch Schonung und Ruhe bei Rückenschmerzen für die richtige Therapie, setzen die Mediziner heute doch eher auf Bewegung. Man weiß mittlerweile, dass Wirbelsäule, Muskeln, Bänder und Gelenke die Bewegung regelrecht benötigen. Daher sollten Rückenpatienten auch verschiedene Angebote nutzen. Wenn der Rücken akut schmerzt, können natürlich Wärmeflasche und Schmerzmittel für eine Linderung sorgen. Um aber dauerhaft Schmerzen im Rücken zu vermeiden, benötigt man gegebenenfalls eine Anpassung der Lebensweise. Daher werden zum Thema Wirbelsäule von den Krankenkassen Präventionskurse bezuschusst. Da viele Rückenschmerzen psychosomatischen Ursprungs sind, ist eine Kombination aus Rückenschule und Stressbewältigung wie zum Beispiel progressiver Muskelentspannung besonders angeraten.