INTERVIEW MIT OLIVER WELKE
Anmoderation: Topaktuell, bissig und preisgekrönt - das ist die
"heute-show" im ZDF. Seit ziemlich genau vier Jahren - die erste
Sendung lief am 26. Mai 2009 - begeistert die Nachrichtensatire mit
Anchorman Oliver Welke die Freunde von politischem Kabarett und guter
Satire gleichermaßen. Und in diesen vier Jahren hat die "heute-show"
Preise ohne Ende gesammelt: Den Grimme-Preis, den
Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis und auf den Deutschen Comedypreis hat
das ZDF-"heute-show"-Team schon ein Abo. Den gab es nämlich 2009,
2010, 2011 und 2012. Letzter Höhepunkt war vor wenigen Wochen die
Wahl der "heute-show" zur besten ZDF-Sendung aller Zeiten durch die
TV-Zuschauer. Und jetzt ist Oliver Welke auch noch bundesweit auf
Plakatwänden zu sehen. Das ZDF hat mit seinen Comedians Welke, Pelzig
und Priol gerade eine große Print-Kampagne gestartet. Wir haben uns
aus diesem Anlass mit dem "heute-show"-Chef Oliver Welke unterhalten:
Interview mit Oliver Welke
1. Herr Welke, die "heute-show" hat es seit Ende März schwarz auf
weiß. Sie ist die beliebteste ZDF-Sendung. Gewählt haben die
Zuschauer im Rahmen des 50. Geburtstags des ZDF. Hatten Sie und Ihr
Team auf einen Spitzenplatz gehofft? Ich hab von dem Voting erfahren
und habe irgendwann gehört, dass wir da auch ganz gut liegen in der
Top 10. Dass es dann für ganz oben reichen würde, hat uns wahnsinnig
gefreut. Damit war natürlich nicht zu rechnen. Bei 50 Jahren ZDF sind
ja doch ein paar Sendungen zusammen gekommen und wir nehmen das als
großes Kompliment, freuen uns riesig und sind uns aber auch darüber
klar, dass es damit zu tun hat, dass wir als aktuelles, wöchentliches
Format ein bisschen mehr in den Köpfen drin sind als, jetzt weiß ich
nicht, "Der goldene Schuss" oder Formate aus den 60ern oder 70ern. Da
haben wir dann natürlich einfach einen kleinen Vorsprung. (0:30)
2. Beliebteste Sendung zu sein ist eine große Auszeichnung. Aber
ist das nicht gerade für eine Satire-Sendung auch eine unheimliche
Belastung? Ja, das ist natürlich für eine Sendung wie die Unsere das
Gefährlichste, wenn man anfängt sich auszuruhen oder wenn man sagt:
Wir müssen das jetzt immer genau so machen, wie es jetzt ist, weil in
Wirklichkeit hat die Sendung ja in den Jahren immer mal wieder
Veränderungen vorgenommen. Wir haben ständig neue Reporterkollegen,
Kabarettisten, Comedians ausprobiert, neue Formen ausprobiert. Ich
glaube das ist genau ein Grund für den Erfolg, dass wir eben nicht
ganz so berechenbar sind und auch immer so ein bisschen Wundertüte
geblieben sind. Also das werden wir auch in Zukunft machen. Der Tag,
an dem wir sagen: So, das ist jetzt das Konzept, jetzt müssen wir nur
noch haargenau so weiter machen, ist der Anfang vom Ende. Da müssen
wir in jedem Fall frisch bleiben, das ist ganz wichtig. (0:36)
3. Seit einiger Zeit bekennen sich auch viele Politiker als Fans
der "heute-show". Die sollten eine politische Satiresendung doch eher
hassen? Also erst mal freuen wir uns über jeden Zuschauer, uns sind
alle Berufs- und Altersgruppen gleich recht, aber natürlich ist es
auch ein bisschen - ich will nicht sagen gelogen - aber eigentlich
schon, denn das gehört ja zum guten Ton, dass man Kabarett und Satire
gut findet. Die Politiker setzen sich ja auch immer schon in
Kabarettveranstaltungen und hoffen, dass die Kamera sie zeigt, wie
sie doch über sich und ihre eigene Kaste lachen können, das gehört
dazu. Niemand gibt auch zu, wenn er sich von so was getroffen fühlt.
Abgesehen von dem ein oder anderen CSU-Dödel, der schon mal direkt
beim Sender anruft, um sich über irgendwas zu beschweren, läuft das
ja alles viel subtiler ab. Also das gehört mittlerweile schon zur
Grundausbildung des Politikers, dass man zumindest den Eindruck
machen muss, dass man über sich lachen kann. Dass das in der Praxis
bei denen zuhause im Wohnzimmer öfter mal anders aussieht, davon
würde ich einfach mal ausgehen. (0:48)
4. Haben Sie es eigentlich schwer, Politiker in die "heute-show"
einzuladen? Ja, also die Gäste, die sich verweigert haben, sind
natürlich in der Überzahl. Wir hatten ja wirklich nur eine Handvoll.
Demnächst kommt der Peter Altmaier als erstes Kabinettsmitglied. Wir
haben auch Anfragen laufen an diverse Politiker, die noch nicht
abgesagt haben, wo es aber mit der Terminfindung immer noch schwierig
wird. Die sind jetzt nicht mehr in dem Stadium, wo sie es rundweg
ablehnen in so eine Art Format zu kommen, weil sie natürlich auch
gemerkt haben, dass man, wenn man sich darauf einlässt, durchaus auch
punkten kann. Das hat ja unter anderem Rainer Brüderle vorgemacht. Im
Moment ist es tatsächlich eine Mischung aus dem Standort Köln, wo wir
produzieren und dem Freitag, wo tatsächlich viele Politiker nach
einer Sitzungswoche sagen, ich muss wieder in meinen Wahlkreis, was
ein anderes Wort für nach Hause ist. (0:42)
5. Haben Sie eigentlich mal versucht, die Bundeskanzlerin
einzuladen? Selbstverständlich. Das wäre ein Traum, aber den brauche
ich gar nicht zu Ende zu träumen, weil, die ist ja clever genug, in
gar keine Unterhaltungssendung zu gehen. (0:10)
6. Nach vier Jahren sind Sie und Ihre Kollegen nicht nur beliebt,
sondern auch bekannt. Können Ihre Außenreporter, wie beispielsweise
Martin Sonneborn, denn überhaupt noch "überfallartige"
Politiker-Interviews machen? Die Politiker kennen ihn natürlich. Das
gilt aber inzwischen tatsächlich für alle unsere Reporter, dass die
bekannt sind, weil die doch offensichtlich auch mal die Sendung
schauen und dann kann man natürlich jetzt nicht mehr so diese
Guerilla-Aktionen machen und so überfallartig irgendwen da aufs
Glatteis führen, da muss man sich jetzt schon ein bisschen mehr Mühe
geben. Und trotzdem gelingt es uns ja immer noch, anständige Beiträge
hinzukriegen. Also beispielsweise hatten wir ja beim CSU-Parteitag
mal so einen elf-, zwölfjährigen Jungen und haben gemerkt, dass sich
Politiker sofort auf ein Kind mit einem Mikro stürzen, weil sie
denken, das gibt niedliche Fotos. Aber der Junge hat halt von uns die
Fragen bekommen und dann fiel dem Einen oder Anderen schon mal die
Kinnlade runter. Also ab und an kriegen wir sie dann doch noch aufs
Glatteis geführt. (0:37)
6. Wie viel Freiheit haben Sie eigentlich im ZDF? In der
"heute-show" gehen Sie ja weder mit den Politikern noch mit anderen
Prominenten zimperlich um. Gibt es da regelmäßige Rüffel? Wenn es
eine wöchentliche Konferenz oder einen Rüffel gäbe, über das was man
darf oder nicht, dann könnte man eine Sendung wie die Unsere direkt
einstellen. Also so funktioniert das nicht. Es gibt totsicher Leute,
die sich nach einer Sendung mal vorsichtig aushusten in Mainz, aber
wir produzieren ja glücklicherweise in Köln und stellen die Sendung
dort quasi schlüsselfertig her und das ZDF hat bis jetzt immer
verstanden, das, was da möglicherweise gehustet wird, komplett von
uns fern zu halten. (0:26)
7. Für einen Comedian ist das doch ein absoluter Traum, oder? Ja,
das ist ein Traum und gleichzeitig auch eine Grundvoraussetzung. Wenn
unsere Autoren anfangen würden, über so was nachzudenken, wenn wir
wöchentlich rumspinnen, über welche Leute haben wir denn schon zu
viel gemacht, wer hat schon zu viel abgekriegt und muss man jetzt mal
mehr über andere machen. Das wäre dann das Ende, denn wir können uns
nur nach der Nachrichtenlage richten. Bei uns gibt es ja auch keine
Kampagnen gegen irgendwen. Sondern es geht wirklich immer nur nach
den Meldungen der Woche und nach der Aktualität. (0:23)
Abmoderation:
Oliver Welke im Interview. Die ZDF-Nachrichtensatire "heute-show"
ist die erfolgreichste Satire-Sendung im deutschen Fernsehen. Zu
sehen ist sie jeden Freitag immer direkt nach den seriösen
Nachrichten des "heute-journals".
ACHTUNG REDAKTIONEN:
Das Tonmaterial ist honorarfrei zur Verwendung. Sendemitschnitt bitte
an ots.audio@newsaktuell.de.
Pressekontakt:
Ansprechpartner:
ZDF-Pressestelle, 06131 70 12120
all4radio, Hermann Orgeldinger, 0711 3277759 0