Rund 12.500 Gutachten bei vermuteten
Behandlungsfehlern haben die Gutachterinnen und Gutachter der
Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) bundesweit im
Jahr 2012 durchgeführt. Etwa jeder dritte Patient lag mit seinem
Verdacht richtig. Das geht aus der aktuellen Statistik zur
Behandlungsfehlerbegutachtung hervor, die der Medizinische Dienst am
15. Mai in Berlin vorgestellt hat.
"Patientinnen und Patienten, die vermuten, falsch behandelt worden
zu sein, sind auf unabhängigen medizinischen Sachverstand angewiesen.
Nur so haben sie eine Chance, ihre Schadensersatzansprüche
durchzusetzen. Diesen Sachverstand bietet der MDK. Er schafft mit
seinen Gutachten Klarheit und Sicherheit für geschädigte Patienten",
so Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender
Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes
(MDS).
12.483 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern haben die
MDK-Gutachterinnen und Gutachter im Jahr 2012 erstellt. Die Frage
"Liegt ein Behandlungsfehler vor?" bejahten sie in fast jedem dritten
Fall (31,5%). Rund zwei Drittel der Vorwürfe, nämlich 8.607 Fälle,
richteten sich gegen Krankenhäuser; davon wurden 30% bestätigt. 3.872
Fälle - das ist rund ein Drittel - betrafen niedergelassene Ärztinnen
und Ärzte. Hier bestätigten die MDK-Gutachter 36% der
Fehler-Vorwürfe.
Die meisten Vorwürfe erheben Patientinnen und Patienten im
Zusammenhang mit Operationen. Die operativen Fächer
Orthopädie/Unfallchirurgie und Allgemeinchirurgie sind besonders
betroffen. Danach folgen Zahnmedizin, Innere Medizin und Gynäkologie.
"Eine hohe Zahl von Vorwürfen ist aber nicht gleichzusetzen mit einer
hohen Zahl tatsächlicher Fehler", erläutert Prof. Dr. Astrid Zobel,
Leitende Ärztin Sozialmedizin des MDK Bayern, der die Daten aller
Medizinischen Dienste gemeinsam mit dem MDS ausgewertet hat.
"Gemessen an der Zahl der Vorwürfe werden die meisten Fehler in der
Pflege, in der Zahnmedizin und in der Gynäkologie bestätigt." Bei der
Interpretation der Zahlen mahnt Zobel zur Zurückhaltung: "Wir können
Fehlerhäufungen in bestimmten Fachgebieten erkennen. Dies erlaubt
aber keinen Rückschluss auf die Behandlungsqualität insgesamt, da
weder die Gesamtzahl der Behandlungen noch die Zahl aller
Behandlungsfehler bekannt sind." Laut MDK-Statistik traten die
meisten Fehler bei der Wurzelbehandlung der Zähne auf, gefolgt vom
Hüft- und Kniegelenksersatz.
Weiter Handlungsbedarf bei Verbesserung der Patientensicherheit
Angesichts der Zahl der Behandlungsfehlervorwürfe sieht MDS-Vize
Gronemeyer keinen Grund zur Entwarnung. "Die nahezu unveränderte Zahl
der Vorwürfe und bestätigten Behandlungsfehler zeigt, dass nach wie
vor Handlungsbedarf besteht." Das kürzlich in Kraft getretene
Patientenrechtegesetz habe die Situation der Patientinnen und
Patienten bei vermuteten Behandlungsfehlern nur teilweise verbessert.
"Aus Sicht der Patienten bleibt unbefriedigend, dass das Gesetz keine
neue Verteilung der Beweislast zwischen Behandler und Patient
gebracht hat", so Gronemeyer. Er sprach sich dafür aus, dass
zumindest in jenen Fällen, in denen ein fachärztliches Gutachten den
Behandlungsfehler bestätigt, in Zukunft die Beweislast für den
Patienten erleichtert werden sollte. Außerdem forderte Gronemeyer ein
bundesweites Behandlungsfehlerregister, in dem die Daten aller
Institutionen zusammengeführt werden sollten, die in die Bearbeitung
von Behandlungsfehlern eingebunden sind. Defizite bestünden zudem in
der Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der
Patientensicherheit wie der Anwendung von Checklisten und
Teamtrainings.
Hintergrund
Behandlungsfehlervorwürfe werden im MDK durch spezialisierte
Gutachterteams bearbeitet. Die Gutachterinnen und Gutachter des MDK
gehen bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler der Frage nach,
ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard
abgelaufen ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird außerdem
geprüft, ob der Schaden, den der Patient erlitten hat, tatsächlich
durch den Fehler verursacht worden ist. Nur dann sind
Schadensersatzforderungen aussichtsreich. Auf der Basis des
MDK-Gutachtens kann der Patient entscheiden, welche weiteren Schritte
er unternimmt. Die MDK-Begutachtung umfasst neben der Beurteilung von
Fehlern in der Medizin auch zahnmedizinische und Pflege-Fehler. Die
Begutachtung durch den MDK ist für gesetzlich Versicherte kostenfrei.
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist der
sozialmedizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst der
gesetzlichen Kranken- und der Pflegeversicherung. Er ist auf
Landesebene als eigenständige Arbeitsgemeinschaft organisiert.
Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der
Krankenkassen (MDS) berät den GKV-Spitzenverband in medizinischen und
pflegerischen Fragen. Er koordiniert und fördert die Durchführung der
Aufgaben und die Zusammenarbeit der MDK in medizinischen und
organisatorischen Fragen.
Pressekontakt:
MDS, Pressestelle,
Christiane Grote,
Tel. 0201 8327-115,
c.grote@mds-ev.de