Verbraucherministerin Aigner: Wichtiger Etappensieg bei Klage gegen EU-Kommission - Sicherheit von Kindern hat höchste Priorität
Deutschland muss die umstrittenen Vorgaben der EU-Spielzeugrichtlinie vorerst nicht umsetzen und darf zum Schutz von Kindern die strengeren deutschen Grenzwerte vorerst auch weiterhin anwenden.
Dies hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg im Wege des einstweiligen Rechtschutzes entschieden.
Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner begrüßte die Entscheidung: "Das ist ein wichtiger Etappensieg für den Verbraucherschutz. Die Sicherheit von Kindern hat höchste Priorität. Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um unsere hohen Schutzstandards für Kinder zu erhalten", erklärte Aigner am Rande der Verbraucherministerkonferenz am Freitag im hessischen Bad Nauheim. Die Ministerin bekräftigte: "Es wäre absurd, wenn die neue EU-Richtlinie dazu führen würde, dass Kinder mehr Schadstoffen ausgesetzt sind als bisher." Aigner: "Wenn es um die Sicherheit der Kinder geht, darf es keine Kompromisse geben. Wir lassen nicht zu, dass unsere strengeren deutschen Vorschriften aufgeweicht werden."
Die Bundesregierung hatte vor fast genau einem Jahr Klage gegen die Europäische Kommission eingereicht, um die Beibehaltung der höheren deutschen Schutzstandards bei der Sicherheit von Kinderspielzeug durchzusetzen. Hintergrund ist die neue europäische Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG. Danach dürften Spielzeuge ab Juli 2013 teilweise mehr Schadstoffe enthalten als derzeit in Deutschland zulässig. Dies wollte die Bundesregierung verhindern. Einen Antrag der Bundesregierung, die strengeren deutschen Grenzwerte für bestimmte gefährliche Substanzen beibehalten zu können, hatte die EU-Kommission zuvor in Teilen abgelehnt. Die Bundesregierung reichte deshalb Klage vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) ein. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht die Belastung von Spielzeug unter anderem mit Blei, Arsen und Quecksilber. In bestimmten Konzentrationen können diese Stoffe die Entstehung von Tumoren auslösen und das Zentralnervensystem schädigen.
Das Gericht der Europäischen Union hat nun im vorläufigen Rechtsschutzverfahren festgestellt, dass Deutschland seine über dem neuen EU-Standard liegenden nationalen Grenzwerte für Antimon, Arsen, Quecksilber, Barium und Blei in Spielzeug auch über den von der EU-Kommission festgesetzten Stichtag 21. Juli 2013 weiterhin anwenden dürfe. Entgegen der Ansicht der Kommission hält der Präsident des Gerichts den Eilantrag Deutschlands für zulässig und begründet. Damit kann Deutschland bis zur endgültigen Entscheidung des Gerichts über die Klage sein hohes Verbraucherschutzniveau beibehalten und braucht die Spielzeugrichtlinie der EU in den strittigen Punkten nicht umsetzen. Der Präsident des Gerichts stellte fest, dass Deutschland sowohl die tatsächliche und rechtliche Notwendigkeit der einstweiligen Anordnung zum Schutz der Gesundheit von Kindern belegt als auch die Dringlichkeit der Anordnung nachgewiesen habe. Die Kontroverse zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission um die Grenzwerte werfe "hochtechnische und komplexe Fragen" auf, die einer vertieften Prüfung bedürfen, welche im Verfahren zur Hauptsache vorzunehmen sei, erklärte das Gericht. Sein endgültiges Urteil in der Streitsache wird das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt verkünden.
Der Beschluss des Gerichts im Internet: http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2013-05/cp130059de.pdf
Hintergrundinformation:
Die Bundesregierung setzt sich bereits seit Jahren intensiv für sicheres Spielzeug ein und hatte in der Diskussion um die Spielzeugrichtlinie wiederholt auf Verbesserungen gedrängt. Einerseits bringt die neue Spielzeugrichtlinie zwar Verbesserungen zum Schutz der Kinder. So gelten mit Anwendungsbeginn im Juli 2011 strengere Anforderungen an die Produktion von Spielzeug sowie schärfere Kontrollpflichten für Hersteller und Importeure. So darf zum Beispiel ein Spielzeug nicht mehr fest mit Lebensmitteln verbunden sein, um für Kinder die Gefahr des versehentlichen Verschluckens zu verringern.
Andererseits aber geht die neue Richtlinie der Bundesregierung in wesentlichen Punkten nicht weit genug. Dies betrifft vor allem die chemischen Anforderungen an Spielzeug, die ab Juli 2013 anzuwenden gewesen wären. Daher hatte sie die EU-Spielzeugrichtlinie bei der Abstimmung in Brüssel abgelehnt und sich mit Nachdruck für weitergehende Verbesserungen eingesetzt. Erforderlich ist es aus Sicht der Bundesregierung, die Grenzwerte bestimmter Schwermetalle wie Blei, Arsen und Quecksilber weiter abzusenken. Das Bundesverbraucherministerium hatte deshalb beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin verschiedene Risikobewertungen für Spielzeug in Auftrag gegeben, um in Brüssel die Notwendigkeit von Verbesserungen der Sicherheit von Spielzeug wissenschaftlich zu untermauern.
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