Berlin - In Deutschland gibt es erstmals Testverfahren, um eine Infektion mit dem neuen Influenza A/H1N1-Virus auch nach Abklingen der Symptome oder bei symptomfreiem Verlauf nachzuweisen. Das Nationale Referenzzentrum für Influenza (NRZ) am Robert Koch-Institut hat dazu zwei serologische Tests entwickelt. Sie basieren auf dem Nachweis von Antikörpern im Blutserum. Die Antikörper werden im Rahmen der Immunabwehr etwa zwei Wochen nach der Erkrankung gebildet und sind über Monate oder Jahre nachweisbar. Mit den serologischen Tests werden epidemiologische Studien zur Infektionsrate, zum Anteil schwerer Erkrankungen, zur Übertragungsfähigkeit und anderer wichtiger Viruseigenschaften möglich. "Dadurch können wir die mögliche Verbreitung besser abschätzen und Präventionsstrategien gezielt weiterentwickeln" meint Jörg Hacker, Präsident des Robert Koch-Instituts.
Das RKI hat bereits mehrere serologische Studien vorbereitet und wird diese nun mit den neuen serologischen Tests beginnen können. Bei Entwicklung und Evaluierung der serologischen Testverfahren konnte unter anderem auf Proben zurückgegriffen werden, die Epidemiologen des Robert Koch-Instituts bei verschiedenen Untersuchungen vor Ort unmittelbar nach Bekanntwerden der ersten Fälle entnommen hatten.
Die neuen Tests (ein "Hämagglutinations-Hemmtest" und ein "Mikroneutralisationstest") ergänzen das etablierte PCR-Verfahren zur Diagnose akuter Infektionen. Bei den PCR-Tests (PCR ist die Abkürzung für Polymerasekettenreaktion) werden charakteristische Erbgutabschnitte eines Krankheitserregers nachgewiesen. Ein PCR-Diagnose-System für das H1N1-Virus hatte das NRZ innerhalb weniger Tage nach Auftreten des neuen Erregers aufgebaut und anderen Laboratorien zur Verfügung gestellt.
Das RKI hat zur Qualitätssicherung von H1N1-Erbgutnachweissystemen auch einen Standard hergestellt, ausgehend von Virusisolaten aus dem Nationalen Referenzzentrum und aus dem amerikanischen Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention (CDC), und in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation. Die Präparation wurde im Rahmen des im RKI koordinierten EU-Diagnose-Netzwerks "ENIVD" erstellt und enthält definierte Mengen von inaktivierten H1N1-Viren. Laboratorien weltweit, die einen Test für den Virus-Nachweis mit PCR aufbauen wollen, können den Standard beim Robert Koch-Institut anfordern.
Für eine umfassende Charakterisierung, vor allem auf molekularer Ebene, werden die neuen Viren angezüchtet. So konnte bereits der komplette Erbgutbauplan (Genomsequenz) zweier im NRZ isolierter Viren in die weltweit zugänglichen Datenbanken eingestellt werden. Die Sequenzinformationen sind nicht nur für diagnostische Fragestellungen wichtig, sondern auch für die Untersuchung von Virulenz, Übertragbarkeit und eine erste Einschätzung zur Wirksamkeit von Medikamenten (Resistenz-Eigenschaften).
Resistenzeigenschaften müssen auch im Labor untersucht werden. Dabei werden Aktivität und Vermehrungsfähigkeit von Virusisolaten in Anwesenheit von Medikamenten getestet. Bei den bisher im NRZ untersuchten neuen Influenzaviren (A/H1N1) haben sich die so genannten Neuraminidasehemmer als wirksam erwiesen. Damit werden entsprechende Untersuchungen aus den USA auch für die in Deutschland aufgetretenen Viren bestätigt.
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