Stuttgart. Gustl Mollath hält nichts von Rache,
damit "kommt man nicht weiter", erklärte er am Mittwoch, 28. August
2013, in der "SWR1 Leute"-Sendung Moderator Wolfgang Heim. Der
56-jährige Nürnberger, der siebeneinhalb Jahre gegen seinen Willen im
Hochsicherheitstrakt der forensischen Psychiatrie in Bayreuth
untergebracht und am 6. August überraschend freigelassen worden war,
hatte nach der ARD-Sendung "Beckmann" (15. August 2013) seinen
zweiten öffentlichen Auftritt bei "SWR1 Leute". Dass Rache nichts
bringen würde, "das haben Sie in der ganzen Geschichte schon gesehen.
Ein sogenanntes Bauernopfer in Form von irgendeiner Ministerin - das
würde auch nicht helfen", sagte er mit Blick auf Bayerns
Justizministerin Beate Merk. "Ich würde mir wünschen, dass diese Frau
endlich mal auf den Boden kommt, eine Menschlichkeit an sich
entdeckt, die ich leider nicht feststellen kann, und mal Ordnung
schafft". Mit Ordnung schaffen meine er das System zu hinterfragen,
"das ist auch ein großes Anliegen und eine Verpflichtung. Es gibt so
viele unsägliche Schicksale und es sind auch Familienangehörige mit
eingeschlossen. Da gibt es ein so großes Leid und im Rahmen von
möglicher Willkür gibt es immer wieder so viel Ungerechtigkeit, das
ist unerträglich in unserem Land."
In den geschlossenen Psychiatrien in Deutschland gebe es "mit
Sicherheit" täglich Unrecht. "Dafür gibt es genug Belege und Beweise,
obwohl man in den Situationen grundsätzlich immer Schwierigkeiten
hat, die Wahrheit zu beweisen. Aber es gibt genug Fälle, die
hinlänglich bewiesen sind. Es ist eine Katastrophe sondergleichen."
Auf die Frage, warum er so plötzlich entlassen wurde und ob er
vermute, dass Horst Seehofer kurz vor der Wahl das Thema Mollath
erledigt wissen wollte, antwortete er: "Das ist reine Spekulation,
ich habe da keinerlei Hinweise, wie das hinter den Kulissen
abgelaufen ist. Ich bin einer, der erst nach möglichen Beweisen
schaut und dann sagt, jawohl, so ist es."
Seine Aussichten auf Schadenersatz und komplette Rehabilitierung
im Zuge der Wiederaufnahme seines Verfahrens nannte Mollath "erst
einmal utopisch und unwahrscheinlich. Es gibt ja Beispiele, wo man
sieht, wie schwer das für andere ist und wie wenige überhaupt da was
erreicht haben".
In der Sendung "SWR1 Leute" erzählen Gäste aus Wissenschaft,
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