(NL/7682592730) Bad Füssing - Bayerns Kurorte haben zur Selbsthilfe gegriffen. Obwohl die Gesundheitsvorsorge und Gesunderhaltung der Versicherten ihre Aufgabe wäre, tun die gesetzlichen Krankenkassen weiterhin alles, die Zahl der Kuren auf immer neue Minus-Rekorde zu drücken. Deshalb haben Bayerns Kurorte jetzt in einer spektakulären Aktion unter dem Motto Kurantrag abgelehnt? 88 Pflichtversicherten einen Kuraufenthalt in einem der bayerischen Heilbäder selbst bezahlt. Bad Füssing in Niederbayern alleine stiftete 13 dieser Protest-Kuren, die Menschen zugute kamen, die eine Kur dringend brauchten, aber von den gesetzlichen Krankenkassen zurückgewiesen wurden.
Bernhild Reichelt aus dem Raum Dresden ist eine von ihnen. Nach zwei Knie- und einer Herzoperation sowie mit einem durch die Pflege ihrer Eltern verschlissenen Rücken hatte sie bei ihrer Krankenkasse bereits mehrmals im Drei-Jahres-Rhythmus eine Kur beantragt. Ihr Arzt befürwortete die Maßnahme. Der medizinische Dienst aber lehnte den Antrag der 70-Jährigen wiederholt ab. Sie war eine der 88 glücklichen aus mehreren 100 Bewerbern, die für eine der kostenfreien Kurort-Wochen des Bayerischen Heilbäderverbands ausgelost wurde.
In Bad Füssing absolviert sie in den letzten Tagen ein Programm, das schon Tausenden half: regelmäßige Bäder im legendären Thermalwasser, Theraband-Training und Wirbelsäulengymnastik in der renommierten Klinik Niederbayern in Bad Füssing inklusive. Nach diesem Erlebnis ist sie fest entschlossen: Im nächsten Jahr komme ich wieder, ob die Kasse das nun zahlt oder nicht.
Die Aktion war ein Riesen-Erfolg, sagt Alois Brundobler, der stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Heilbäderverbands zur Kampagne Kurantrag abgelehnt?. Das Kernproblem löse die Aktion aber nicht. Fakt ist: Die Zahl der ambulanten Badekuren ist in den letzten Jahren nach Angaben des Bayerischen Heilbäderverbands von über 550.000 auf derzeit knapp 65.000 genehmigte Kuren gesunken, obwohl die immer älter werdenden Menschen immer mehr Wert auf Gesundheitserhaltung legen und die Zahl derer, die angesichts des demografischen Wandels für die Betriebe wichtig sind, eine ideale Möglichkeit zur Vorsorge hätten.
Meist verwendete Begründung der Kassen bei Ablehnung der Anträge wie auch im Fall von Bernhild Reichelt: Nicht alle Behandlungsmöglichkeiten am Wohnort sind ausgeschöpft. "Mein Hausarzt hat bei mir alles gemacht, was möglich war. Ich habe sogar Spezialtherapien aus der eigenen Tasche bezahlt, sagt demgegenüber Bernhild Reichelt.
Die Ablehnungsstrategie der Kassen hat System", glaubt Rudolf Weinberger, Geschäftsführer des Bayerischen Heilbäderverbands und Kurdirektor von Bad Füssing. So würden vor allem Anträge von Rentnern abgewiesen und gegenüber Versicherten von vielen Kassen der Eindruck erweckt, die Kosten ambulanter Badekuren könnten nicht mehr übernommen werden.
Absoluter Unsinn, so Alois Brundobler. Traurig genug, dass die Kurorte jetzt aus ihren Budgets Versicherten helfen müssen, die oft ihr Leben lang brav Krankenkassenbeiträge einbezahlt haben. Dabei sind die Kosten für eine ambulante Vorsorgeleistung in einem anerkannten Kurort doch Peanuts im Vergleich zu den Aufwendungen für diverse Krankenbehandlungen.
Nach Meinung des BHV-Vize und Bad Füssinger Bürgermeisters müssten auch die verantwortlichen Politiker jahrelangen Lippenbekenntnissen auf Verbesserung der Situation endlich Taten folgen lassen. Mit weit über zwei Milliarden Euro Umsatz und 100.000 Arbeitsplätzen ist das Kurwesen nach der Automobilindustrie und dem Tourismus insgesamt in der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung in Bayern immerhin an dritter Stelle, so Brundobler. Bei manchem Politiker scheint das aber noch immer nicht angekommen zu sein.
Nach dem Erfolg im letzten Jahr, haben Bayerns Kurorte deshalb jetzt beschlossen die Aktion Kurantrag abgelehnt? 2014 mit der Verlosung weiterer Gesundheitsaufenthalte in Bayerischen Heilbädern und Kurorten zu wiederholen.