Erst das Konzept - dann das Gebäude!
25. September 2013. Bei einem Neu- oder Umbau eines Krankenhauses
sollten Planer dringend auf eine hohe Flexibilität achten. Die
medizinische Technik schreite so schnell voran, dass nur variabel
gestaltete Räume und Infrastrukturen eine Gesundheitseinrichtung
beweglich halten können, so ein Ergebnis der Hospital Build &
Infrastructure Europe. Auf Europas führender Messe rund um
Krankenhausbau und -infrastruktur kamen Anfang September in Hamburg
Fachbesucher aus Europa, Asien und den USA zusammen. In drei
Vortragsreihen informierten sich Krankenhausmanager, Architekten und
Ausstatter über Lösungen und tauschten ihre Erfahrungen aus.
Oft am Bedarf vorbei geplant
Hier wurde unter anderem deutlich: Nur variables und weitsichtiges
Bauen zahlt sich am Ende aus. Noch immer würden Krankenhäuser häufig
am Bedarf vorbei geplant, stellte Dr. Sebastian Krolop, leitender
Strategieberater beim Consultinghaus Accenture, fest. "Es gibt in
Deutschland Regionen, in denen der demographische Wandel richtig
durchschlägt, wo die Geburtenraten rapide zurückgehen. Hier muss ganz
anders gebaut werden als in Ballungsgebieten."
Auch Dr. Matthias Gruhl, Leiter des Amtes für Gesundheit der Stadt
Hamburg, appellierte an die Teilnehmer, Konzepte für
Neustrukturierungen den künftigen Bedingungen anzupassen. Als er 1979
sein Examen als Arzt gemacht habe, gab es im Krankenhaus
üblicherweise sechs Betten pro Zimmer - und 20 Betten pro Station.
"Heute haben sich die Anforderungen geändert, stehen vielfach 35 bis
40 Betten auf den Stationen", sagt Gruhl. "Und wo wir früher drei
Abteilungen hatten, nämlich die Innere, die Geburtenabteilung und die
Chirurgie, bewegt sich heute alles in Richtung Geriatrie." Der sich
abzeichnende Zuwachs an alten Menschen erfordere nicht nur neue
Behandlungskonzepte, sondern auch eine Flexibilisierung von
geschlossenen Krankenhäusern, hin zu mehr Tageskliniken und
Ambulanzen. "Jeder Tag im Bett ist Gift für einen Patienten", so
Gruhl. "Ein Tag im Liegen wirft ihn zehn Tage zurück - hierfür
brauchen wir neue und gute Konzepte." Die Architektur solle diesen
Ansatz unterstützen.
Was für die Pflegestationen gelte, könne laut Gruhl für alle
anderen Bereiche durchdekliniert werden: für die Notaufnahmen, die
heute mehr denn je computergesteuerten Einrichtungen gleichen, ebenso
wie für die modernen OP-Räume mit ihrer immer ausgefeilteren Technik
- Entwicklungen, die Planer und Architekten im Hinterkopf haben
sollten, wenn sie neue Gebäude entwickeln. "Grundsätzlich gilt: Wir
sollten weniger über Häuser reden, sondern mehr über Konzepte."
Flexibel Bauen
Außerdem forderte Gruhl die Kongressteilnehmer auf: "Bauen Sie
nicht für die Ewigkeit, bauen Sie variabel." Wie das gelingen kann,
verdeutlichte der Senatsdirektor am Beispiel einer Schule in
Buchholz, einem Ort bei Hamburg: "Die Stadtverantwortlichen wissen
heute schon, dass sie in ein paar Jahren kaum noch Kinder haben
werden - benötigen aber aktuell ein Schulgebäude. Also bauten sie
eine Schule aus mehreren Einfamilienhäusern, die später, wenn die
Kinderrate im Ort gesunken sein wird, als Wohnhäuser genutzt werden
können." Ein Ansatz, der ähnlich auch für Krankenhäuser gelten
könnte.
Neubauten - ein Risiko für die Wirtschaftlichkeit
Ein hoher Anspruch an bauliche Veränderungen sollte auch an der
schwierigen wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser nicht scheitern.
Die habe sich zwar laut Berater Sebastian Krolop zuletzt noch einmal
spürbar verschlechtert - laut dem Krankenhausrating-Report, an dem
Accenture mitgewirkt hat, waren 2011 etwa 13 Prozent der Häuser
insolvenzgefährdet -, doch mit den richtigen Faktoren, etwa einer
höheren Spezialisierung, könnten sich die Häuser erfolgreich
positionieren. "Ich höre von Krankenhäusern oft das Argument, sie
könnten ja bessere Qualität bieten, wenn sie nur mehr Geld hätten",
sagte Krolop. "Aber unsere Studien belegen, dass Wirtschaftlichkeit
und Qualität korrelieren." Manche Krankenhäuser seien derzeit sogar
so erfolgreich, dass sie bauliche Veränderungen aus eigener Kraft
finanzieren könnten. "Gut 30 bis 40 Prozent der Häuser im ohnehin
wirtschaftlich grünen Bereich stemmen die Investitionen allein."
Krolop rät den Kliniken dazu, im konkreten Fall alle vorgelegten
Pläne und Ideen der Architekten genau zu hinterfragen. Er wisse von
einigen Krankenhäusern, die durch Neubauten in die
Unwirtschaftlichkeit getrieben wurden, weil anschließend die
Betriebskosten explodiert seien. Sein Tipp an die Teilnehmer:
"Entwickeln Sie ein klares Marktverständnis, analysieren Sie Ihre
Daten, überlegen Sie, wo sie in vier Jahren sein wollen - und
entwickeln Sie erst daraufhin einen Plan für neue Baustrukturen."
Dann, so der Berater, könnten Neubauten sogar die Wirtschaftlichkeit
von Krankenhäusern erhöhen.
Anwender an den Planungstisch holen
Gewissenhaft planen und interdisziplinär zusammen zu arbeiten, das
ist umso wichtiger, je mehr hochtechnisierte Details zum Einsatz
kommen. Das verdeutlichten auf der HBIE Vertreter des
Architekturbüros ATP APF sowie Spezialisten der Hersteller Siemens
und Maquet, die gemeinsam im Universitätsklinikum Mannheim einen
Hybrid-OP entwickelt und ausgestattet haben. Bei einem Hybrid werden
zwei für sich selbständige medizinische Disziplinen zusammengeführt -
etwa die Kardiologie und die Herzchirurgie -, um neue komplexe
Behandlungsmethoden zu ermöglichen. Diese hochmodernen OP-Säle werden
dabei meist mit bildgebenden Großgeräten oder - wie in Mannheim -
einem Angiographiesystem ausgestattet. Krankenhäuser erhoffen sich
davon eine höhere Wirtschaftlichkeit.
Zum kompletten Nachbericht geht es hier: http://bit.ly/NB_HBIE13
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