Etwa drei bis fünf Prozent aller Erwachsenen leiden an der mehrdimensionalen Störung ADHS. Was steckt hinter der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung? Gibt es ein ADHS-Gen, das allein für die Erkrankung verantwortlich ist? Gefunden wurde dieses bislang nicht. „Sie ist keine künstlich geschaffene Störung und auch keine Modediagnose“, betont Dr. Sören Schmidt, Studiengangsleiter und Hochschuldozent an der Psychology School der Hochschule Fresenius an den Standorten Köln und Düsseldorf sowie Referent der Pearson Akademie. Als Werkzeug für Diagnostiker in der Praxis dient dabei das ADHS-Screening für Erwachsene (ADHS-E). Der Vorteil: Mit dem 2013 überarbeiteten Testverfahren können individuelle Problembereiche und Symptome der Patienten festgelegt werden – ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zur Behandlung.
„ADHS ist eine Störung, die auf mehreren Ebenen ihren Ausdruck findet und nicht allein auf genetischen Ursachen basiert. Auch das psychosoziale Umfeld spielt eine entscheidende Rolle für die Erkrankung“, sagt Dr. Schmidt, der für die Entwicklung des ADHS-Screenings für Erwachsene im Jahr 2009 mitverantwortlich zeichnet. Dank des praxisnahen Verfahrens lassen sich nicht nur die Symptome der Störung erfassen, sondern auch der Schweregrad bestimmen. Das wiederum ist für die weitere kombinierte Behandlung der Erkrankung wichtig. „Die Therapie kann dadurch individuell auf den Patienten abgestimmt werden – sowohl medikamentös als auch psychotherapeutisch“, meint der Referent der Pearson Akademie-Seminare „Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung: Diagnostik und Therapie eines Störungsbildes über die Lebensspanne“ und „Diagnostik und Therapie der ADHS im Erwachsenenalter“.
ADHS – eine Lebensspannenerkrankung: Die Störung begleitet Betroffene oft ein Leben lang. „Die ursprüngliche Annahme, dass Patienten mit zunehmendem Alter ‚rauswachsen‘, ist überholt. Allein die Symptomlage verändert sich. „Während Kinder oft durch ihre ausgeprägte Hyperaktivität auffallen, leiden Erwachsene verstärkt an affektiven Störungen oder desorganisiertem Verhalten, wodurch der normale Alltag nur schwer gemeistert werden kann. Therapeutische Verfahren helfen dabei, die Symptome zu reduzieren, aber auch dass Erwachsene mit ihrer Erkrankung besser umgehen können“, erläutert der Diplom-Psychologe. Aus seiner Sicht spielt die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung in der aktuellen Forschung eine gewichtige Rolle. So existiert zu deren Genese bereits ein breites Wissen. Gegenwärtig forscht eine Gruppe um Dr. Sören Schmidt zur Differenzialdiagnostik. Dabei geht es – so der Hochschuldozent Dr. Schmidt – um die diagnostische Abgrenzung der ADHS von anderen Störungsbildern mit ähnlicher Symptomatik.
Eine weitere Hauptherausforderung liegt für Dr. Schmidt jedoch in einem anderen Punkt: „Es geht um die Integration der Störung in den praktischen Versorgungsalltag. Es gibt zwar immer mehr, aber noch zu wenige Versorgungsangebote für die betroffenen Erwachsenen. Hier sind auch die Krankenkassen gefragt, die bislang nicht in jedem Fall die ADHS-betroffenen Erwachsenen bei den Behandlungskosten unterstützen“, so Dr. Schmidt.
Hinweis:
Mehr Informationen zum ADHS-Screening für Erwachsene (ADHS-E) sowie zu weiteren Testverfahren zur Diagnostik von Aufmerksamkeit bei Kindern (TEA-Ch – Test of Everyday Attention for Children oder K-CAB – Computerized Assessment Battery) gibt es bei der Pearson Assessment & Information GmbH unter: www.pearsonassessment.de.